Beitrag in Jahrbuch 2013
Traktoren Traktorhydraulik
Traktorhydraulik
Johannes Untch und Lennart Roos,
Technische Universität Braunschweig, Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge
Kurzfassung
Die Entwicklungstendenzen im Bereich der Traktorhydraulik konzentrieren sich neben der Effizienzsteigerung vor allem auf die Verbesserung des dynamischen Systemverhaltens und der Bedienbarkeit. Dies wird verstärkt durch den Einsatz von Verdrängersteuerungen und aufgelösten Steuerkanten angestrebt. Lastfühligkeit wird nun auch mit Closed-Center-Systemen erreicht. Bewährte hochwertige Technologie setzt sich zunehmend in geringeren Leistungsklassen durch.
Schlüsselwörter
Arbeitshydraulik, Fahrhydraulik, Hubwerkshydraulik, Lenkhydraulik, aufgelöste Steuerkanten, Sekundärdrehzahlregelung, Bedarfsstromsteuerung
Tractor Hydraulics
Johannes Untch and Lennart Roos,
TU Braunschweig, Institute of Mobile Machines and Commercial Vehicles
Abstract
Main focus of research and application in tractor hydraulics is besides efficiency enhancement on improved system conduct and operability. This is more and more achieved by application of displacement control and separate meter-in and meter-out. Like in open center systems closed center systems are now available with load sensitive behaviour. State of the art high technology trickles down to machines with lower power level.
Keywords
Working hydraulics, driving hydraulics, hitch hydraulics, steering hydraulics, separate meter-in meter-out, secondary control, flow on demand control
Einleitung
In dem Jahr 2011 wurde in der deutschen Fluidtechnikbranche fast das Umsatzniveau aus dem Jahre 2008 wieder erreicht, was sich aus dem Nachholbedarf der Krisenjahre 2008 / 2009 erklärt. Seit diesem Maximum sind 2012 die Aufträge allerdings um 23 % zurückgegangen, während sich die Lage in 2013 stabilisierte. Laut des VDMA Fachverbands Fluidtechnik ist jedoch für 2014 wieder ein Zuwachs denkbar. Die Fluidtechnikbranche setzte 2012 insgesamt 4,6 Mrd. € um und ist mit einem Anteil von einem Viertel am Welthandel sowie einer Exportquote von 60 % mit Abstand der stärkste Vertreter auf dem Weltmarkt [1].
Die deutsche Landtechnikbranche hat ihr Wachstum hingegen auch 2012 fortgesetzt und ist mit 12,5 % Inlandsumsatz weiterhin der zweitgrößte Abnehmer fluidtechnischer Kompo¬nenten und Systeme. Bei der Diskussion um eine zunehmende Elektrifizierung von landtechnischen Maschinen, warnt Hartmut Rauen, Geschäftsführer der Fachverbände Antriebs- und Fluidtechnik, vor einem Schwarz-Weiß-Denken und stellt heraus, dass hydraulische Antriebe dort durch elektrische ersetzt werden sollten, wo technisch und ökonomisch der Systemnutzen gesteigert werden kann. Mit dem Hinweis auf die große Robustheit, geringe Servicekosten und die hohe Leistungsdichte hydraulischer Komponen¬ten sieht Rauen vielmehr eine Hybridisierung von mobilen Arbeitsmaschinen als Chance [2].
Maßgebende Tagungen und Konferenzen im Berichtszeitraum waren das "Symposium on Fluid Power & Motion Control" in Sarasota, die 13. "Scandinavian International Conference on Fluid Power" in Linköping, die 70. LAND.TECHNIK (VDI-MEG) in Karlsruhe, die 71. LAND.TECHNIK-AgEng (VDI-MEG) in Hannover, sowie das 7. Kolloquium Mobilhy-draulik in Karlsruhe.
Arbeitshydraulik - System
Load-Sensing-Systeme in Closed-Center-Ausführung (CC LS) mit mechanisch hydrau-lischem Förderstromregler sind für viele Traktoren der mittleren und gehobenen Aus-stattungsserie nach wie vor die vorherrschende Systemtopologie. Bei Traktoren geringerer Leistungsklasse (bis ca. 75 kW) finden sich mit wenigen Ausnahmen überwiegend Kon-stantstromsysteme (KS) [3], die sich durch einen einfachen, robusten Aufbau auszeichnen. Bei wechselnden Druck- und Volumenstromforderungen sowie nennenswerter Inaktivität der Hydraulik sind LS-Systeme mit Verstellpumpen energetisch im Vorteil, da das Förder¬volumen dem aktuellen Bedarf angepasst wird. Durch den möglichen Einsatz von indivi¬duellen Stromreglern kann eine komfortable lastunabhängige Verbraucherbetätigung erreicht werden. Dies ist auch bei LS-Systemen mit Konstantpumpe möglich, welche sich im mittleren Leistungsbereich finden. Für die Arbeitshydraulik von Traktoren stellt das Load-Sensing-System derzeit einen guten Kompromiss aus Funktionalität, Komfort, Effizienz und Hardwareaufwand dar. Trotzdem wird aus Gründen der Schwingungsanfälligkeit und eines verbesserungsfähigen Wirkungsgrades momentan an Alternativen geforscht.
So zeigen die Arbeiten von [4], dass Effizienzsteigerungen durch den Ersatz von Widerstands- durch Verdrängersteuerungen noch immer aktuell sind. Für eine Traktor-Düngerstreuer-Kombination werden für verschiedene Einsatzprofile Untersuchungen hinsichtlich des Wirkungsgrades unternommen. Dabei wird das Referenzsystem - ein hydraulisch-mechanisches CC-LS-System mit drei Konstantmotoren als Verbraucher (via Power Beyond) - mit einem Konstantdruck-System (KD) verglichen, bei dem die Hydro¬motoren als Schrägscheiben-Verstelleinheiten ausgeführt sind und sekundärgeregelt betrie¬ben werden. Ein erhöhtes Potential konnte bei asymmetrisch belasteten Verbrauchern fest¬gestellt werden, wobei mindestens der höher belastete Verbraucher bei großen Schwenkwin¬keln arbeiten muss. Das Problem der schlechteren Effizienz bei geringen Schwenkwinkeln tritt aufgrund des hohen Systemdrucks besonders bei Teillast auf und kann durch ein variables Niveau der Druckversorgung entschärft werden. Auf diese Weise sind Energie¬einsparungen von ca. 14 % - 36 % gegenüber der LS-Konfiguration möglich.
Bereits [5] oder [6] zeigten, dass durch den Einsatz von Bedarfsstromsystemen Energie-einsparungen bei vergleichbarem dynamischen Verhalten und Bedienbarkeit gegenüber CC-LS-Systemen erreicht werden können. Aktuell wird von [7] am Beispiel eines Forstkranes ein Bedarfsstromsystem (Bild 1) untersucht, welches in einer Ventilsektion nach dem Prinzip der aufgelösten Steuerkanten ausgestattet ist. Der Fokus liegt auf dem Vergleich mit einem hydraulisch-mechanischen CC-LS-System hinsichtlich Effizienz und Bedienbarkeit bzw. Regelbarkeit. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Erkennung von Zylinderendanschlägen bei fortdauerndem Bedienerwunsch, um einen Volumenstromüberschuss in diesem Fall zu vermeiden, was zu unkontrollierten Bewegungen anderer Verbraucher führen würde. Durch die Absenkung des Pumpendruckes um ca. 10 bar und die reduzierten ablaufseitigen Drosselverluste konnte in der Simulation und im Versuch ein Einsparpotential von 10 – 15 % ermittelt werden. Scherer stellt zur weiteren Effizienz- bzw. Dynamiksteigerung bei verfüg-barer elektrischer Leistung den Ersatz der Verstellpumpe durch eine drehzahlgeregelte Konstantpumpe in Aussicht.
Bild 1: Prüfstand einer Bedarfsstromsteuerung mit aufgelösten Steuerkanten [7]
Figure 1: Flow-on-demand control test bench layout with separate meter-in and meter- out [7]
LINDE verfolgt mit dem „LSC+“ das Ziel, die dynamischen Nachteile von LS-Systemen durch die Überlagerung einer elektronischen Bedarfsstromsteuerung zu kompensieren. Es handelt sich um ein CC-LS-System mit Sekundärdruckwaagen, bei dem die Pumpe zusätzlich über die Einzelbedarfe der Verbraucher angesteuert wird. Für lastfühlendes Arbeiten ist zusätzlich eine Umschaltung auf ein Negative-Flow-Control-Verhalten möglich [8].
Die Schwingungsneigung von LS-Systemen wird in [9] thematisiert. Für einen hydraulischen Kranantrieb, dessen Differentialzylinder von einem elektrohydraulischen LS-System mit auf-gelösten Steuerkanten versorgt werden, wurde ein Konzept zur Regelung der Verstellpumpe vorgestellt, das auf dem "Virtual Decomposition Control"-Ansatz [10] basiert. In Simulationen und Experimenten konnten signifikante Energieeinsparungen bei gewährleisteter System-stabilität erzielt werden.
[11] macht einen Vorschlag für dezentralisierte Hydraulikkonzepte in Kombination eines elektrischen Bordnetzes. Im Vordergrund der Dezentralisierung stehen Nebenaggregate bzw. Hilfsantriebe kleiner Leistung, die zudem selten und/ oder intermittierend betrieben werden. Der konventionelle Antrieb durch eine gemeinsame Versorgung führt zu hohen Standby-Verlusten, weil Teilfunktionen nicht vollständig abgeschaltet werden können und die Maschine über ein langes Rohrleitungssystem verfügen muss. Für diese Applikationen wird eine elektrohydraulische Versorgung in Form eines (Nieder-)Spannungsbordnetzes mit verteilten der Aufgabe angepassten Hydraulikaggregaten (Power-Packs) empfohlen. Neben der vollständigen Deaktivierung von Verbrauchern kann durch eine intelligente Gruppierung von selten bzw. intermittierend betriebenen Aktuatoren die installierte hydraulische Leistung weiter reduziert werden. Aufgrund leichter umzusetzender Verdrängersteuerungen ließe sich evtl. vorhandenes Rekuperationspotential nutzen.
Von Bosch Rexroth wurde ein CC-System mit druckgeregelter Pumpe vorgestellt, das als „Virtual Bleed-off“ bezeichnet wird. Dabei werden der Steuerdruck für die Ventilbetätigung, der Verbraucherlastdruck und der Systemdruck gemessen und vom Steuergerät ausge-wertet. Um die aus OC-Systemen bekannte Lastfühligkeit bei der Bedienung zu imitieren, wird mit der elektronisch gesteuerten Pumpe der Volumenstrom erst nachgeregelt, wenn der Steuerdruck im Verhältnis zu Last- und Systemdruck einen bestimmten Schwellwert erreicht hat [8].
Same Deutz-Fahr stellte eine Lösung für eine verschleißfreie hydrostatische Motorbremse vor, welche die LS-Arbeitshydraulik belastet. In Bremsvorgängen wird an einem proportio-nalen Drosselventil die Bremsenergie abgeführt. Dafür wird mittels des in Bild 2 gezeigten Ventils das LS-Signal erhöht und der Volumenstrom zum Tank abgedrosselt. Gleichzeitig wird - als zusätzliche Last - der Kühler zugeschaltet [12].
Bild 2: Schaltplan und Ventilblock der hydraulischen Motorbremse [Same Deutz-Fahr]
Figure 2: Scheme and valve block of the hydraulic engine brake [Same Deutz-Fahr]
Für kleine, rein hydrostatisch angetriebene Maschinen bietet Bosch Rexroth ein alternatives Konzept für einen automatisch zuschaltbaren Allradantrieb. Im als „High Efficiency Traction Control“ (HET) bezeichneten System wird ein Ventilblock in die Reihenschaltung zweier Radmotoren eingefügt, der stets einen geringen Volumenstrom von der Hochdruck- zur Niederdruckseite abführt, um im Falle minimaler Drehzahlunterschiede zwischen den Motoren den Differenzdruck über dem zweiten Motor nahe Null zu halten. Der Wirkungsgrad des Systems ist höher, wenn allein der erste Motor für den Vortrieb sorgt, weil dieser dann bei einem höheren Druck arbeitet. Wenn der Schlupf am ersten Motor zunimmt, ändert sich das Drehzahlverhältnis der Motoren. Der zunehmende Volumenstrom führt zu einem Druckanstieg vor dem nachgeschalteten Motor, weil der abgeführte Volumenstrom für eine Entlastung nicht mehr ausreicht. Gleichzeitig sinkt die Druckdifferenz über dem ersten Motor und somit das dortige Moment. Die Triebkraft wird nun von beiden Motoren aufgebracht [8].
Arbeitshydraulik - Applikation
Zur Reduzierung des Bodendrucks ist bei allradgelenkten Traktoren bspw. der Fahrmodus des Hundegangs eine Option, was jedoch bei Gerätekombinationen mit Nutzung des Hubwerks eine schwenkbare Kinematik erfordert. Von [13] wird für einen CLAAS Xerion Systemtraktor ein solches Schwenk-Hubwerk mit integrierter Sicherheitsfunktion vorgestellt. Konstruktiv ist der Schwenkwinkel größer als der Schwimmwinkel ausgeführt. Das Über-schreiten zulässiger Schwenkwinkel wird durch Drucksignale erkannt, und führt zum Aus-heben des Hubwerks, um Schäden zu vermeiden. Sperrventile, die direkt auf den Schwenk-zylindern positioniert sind, verhindern ein unbeabsichtigtes Schwenken bei Straßenfahrt.
Neben der Bodenschonung steht bei der von AGCO Fendt und Bosch Rexroth entwickelten entlastenden Frontkraftheberregelung auch eine Effizienz- und Bedienkomfortsteigerung im Vordergrund [14]. Durch eine Verlagerung des Arbeitsgerätegewichts auf den Traktor wird dessen Traktion und Lenkbarkeit gesteigert und gleichzeitig die Bodenbelastung reduziert. Hinzu kommt, dass durch diese Regelung eine komfortable Variation der Auflagekraft im Betrieb möglich ist. Bei dem System handelt es sich um eine Hubwerksdruckregelung, die durch einen Lagesensor am Hubwerk überwacht wird. Aufgrund der bekannten Hubwerk-kinematik kann die Regelsoftware über die Zylinderdrücke die Auflagekraft berechnen; eine evtl. vorhandene Gerätekinematik bleibt unberücksichtigt. Das System bezieht von den Traktorventilscheiben einen konstanten Volumenstrom, welcher an einem nachgeschalteten elektroproportionalen Druckbegrenzungsventil auf den erforderlichen Zylinderdruck ange-drosselt wird. Eine integrierte "Hügelfunktion" garantiert eine dynamische Anpassung an stark variierendes Relief (Bild 3).
Bild 3: Schema der elektrohydraulischen Frontkraftheberentlastung [14]
Figure 3: Scheme of the electro-hydraulic front hitch support [14]
Die elektrohydraulische Hubwerksregelung (EHR) gehört für viele Traktoren der mittleren und gehobenen Ausstattung heute zum Standard. Während eine neue Variante des Regelventils von Bosch Rexroth, das kompakte EHR23-EHS1, mit ca. 100 l/min auf die mittlere Traktorenklasse abzielt, wurde gezielt für die Emerging Markets eine EHR für einfache Traktoren bis ca. 60 kW vorgestellt. Die EHC-8 trägt durch eine aktive Schwin¬gungstilgung besonders bei kleineren Traktoren zur Steigerung der Fahrsicherheit bei, weil schwere Anbaugeräte die Achslasten relativ stärker verändern. Verfügt der Traktor über keine weiteren Ventilscheiben, kann das Hubwerksventil auch zum Heben/ Kippen von Anhängern genutzt werden. Das Regelventil EHR 5 wurde auf geringere Volumenströme (20 l/min) angepasst, um für kleinere Hubwerkszylinder ein vergleichbares dynamisches Verhalten zu erzielen [12].
Arbeitshydraulik - Komponenten
In den letzten Jahren ist eine verstärkte Aktivität auf dem Gebiet der Ventile mit aufgelösten Steuerkanten zu beobachten, weil sie Vorteile in der Energiebilanz und dem Bedienkomfort bieten. Demgegenüber bestehen aber noch Herausforderungen in der Regelung. Noch beschränken sich die Anwendungen dieser Ventile auf den Bereich der Baumaschinen. Wegen ihrer oben aufgeführten Vorteile ist ein späterer Einsatz aber auch im Bereich der Arbeitshydraulik von Traktoren und ihren Anbaugeräten zu erwarten.
[15] zeigt eine Systematisierung möglicher Ausprägungen von Systemen mit aufgelösten Steuerkanten und untersucht den Einfluss verschiedener Konfigurationen auf die System-dynamik. In weiteren Arbeiten, z.B. [16], wird die Regelung von Systemen mit aufgelösten Steuerkanten thematisiert. [17] untersucht dafür Lasthaltevorgänge in Zylindern und beeinflusst das Druckniveau der Zylinder, um Kavitation und Positionsabweichungen bei plötzlichen Laständerungen zu vermeiden.
In [18] wurde am Beispiel eines Versuchsbaggers mit elektrohydraulischem Load-Sensing die Anwendung von Ventilen mit aufgelösten Steuerkanten gezeigt. Statt der zentralen Leistungssteuerung in einem Ventilblock wurden direkt an den Baggerzylindern je zwei Ventilpatronen, jeweils bestehend aus zwei 2/2-Wegeventilen, verbaut. Damit werden sowohl Verrohrungsaufwand als auch Rohrbruchsicherungen eingespart. In einem von Hyundai auf der Bauma gezeigten Hybridbagger ist der Einsatz von aufgelösten Steuerkanten vorgesehen [8].
Neben dem in [18] verwendeten Ventilkonzept stellte Wessel Hydraulik auf der Bauma ein weiteres Ventilkonzept mit aufgelösten Steuerkanten vor, bei dem als Besonderheit nur zwei Magnete eingesetzt werden müssen. Die Durchflussrichtung wird über den Verzug der Schaltzeiten dieser Magneten bestimmt [8]. Als weiterer Anbieter zeigte auch Danfoss mit dem in Bild 4 dargestellten PVX-Proportionalventil eine Lösung, bei der das Prinzip mit zwei Ventilschiebern umgesetzt wird [12].
Bild 4: Schaltplan des Ventils PVX mit aufgelösten Steuerkanten [Danfoss]
Figure 4: Scheme of the valve PVX with separate meter-in and meter-out [Danfoss]
Bucher verfolgt mit dem Ziel höherer Stellgenauigkeit und geringerer Schwingungsneigung eine Ventilansteuerung mit Schrittmotoren statt Proportionalmagneten. [12]
Entsprechend des Trends zum Einsatz von Load-Sensing-Systemen in immer kleineren Leistungsklassen [19] stellte Bosch Rexroth die Pumpe A1VO in einer Baugröße von nur 35 cm³ vor. Ebenfalls von Bosch Rexroth wurde die Pumpe A10CNO nun mit verstellbarer Flügelzellenpumpe statt Konstantpumpe als Vorförderpumpe vorgestellt. Dies führt zu einer Verlustverringerung im Teillastbereich [12].
Fendt zeigte ein Einschraubsystem für Hydraulikkupplungen, das den schnellen Wechsel zwischen verschiedenen Baugrößen ermöglicht, verlustarme flachdichtende Kupplungen mit Abreißfunktion sowie eine Kupplungsschablone, die nun mit allen Kupplungstypen kompatibel ist [12].
Mit zunehmender Verwendung zink- und aschefreier Hydrauliköle mit geringer elektrischer Leitfähigkeit entstehen Probleme durch elektrostatische Aufladung bei Durchströmung von Filterelementen, weil Lichtbögen zu Schädigungen der Filter führen können. Mit verschie-denen Lösungsansätzen wird diesem Problem begegnet. Eine Möglichkeit ist die Ver¬wendung von leitenden Materialien im Filter wie bei Argo Hytos und Parker. Eine weitere Möglichkeit ist, elektrostatische Aufladung zu reduzieren oder zu vermeiden. Parker ver¬größert dafür die Filterfläche, bei Hydac werden Glasfasermaterialien in das Vlies eingewebt [8].
Fahrhydraulik
In leistungsverzweigten Getrieben muss stets je nach Anwendungszweck ein Kompromiss aus erreichbarem Wirkungsgrad und dafür vertretbarem Aufwand getrieben werden. [20] stellt in seiner Arbeit einen Optimierungsansatz vor, mit dem er am Beispiel von leistungsver-zweigten Getrieben nach dem Jarchow-Prinzip mit beliebiger Anzahl an Fahrbereichen das Optimum aus konstruktivem Aufwand und erreichbarem Wirkungsgrad sucht.
Leistungsverzweigte Antriebe werden zunehmend auch in kleineren Leistungsklassen von Traktoren eingesetzt. Ein Beispiel sind der Lintrac 90 von Lindner mit einer Leistung von ungefähr 75 kW und das Mehrzwecktransporter Aebi Viatrac 450 mit 72 kW [12]. Speziell für leistungsverzweigte Getriebe kleinerer Leistung hat Bosch Rexroth die hydrostatische Kompakteinheit A41CTU in U-Anordnung zu kleineren Baugrößen erweitert [12].
In den letzten Jahren ist auch eine Verbreitung der leistungsverzweigten Getriebe auf Bau-maschinen zu beobachten. Diese Anwendungen können höhere Dynamikanforderungen stellen. Entsprechende Entwicklungen können auch das dynamische Verhalten von leistungsverzweigten Traktorgetrieben verbessern [8; 21].
Hydraulische Antriebe können auch der Verbesserung der Zugkraftübertragung von landwirt-schaftlichen Gespannen dienen. In [22] wird über der Verbindungsstelle einer Starrdeichsel-verbindung zwischen Traktor und Anhänger ein Zylinder eingesetzt und dieser zur Schwin-gungstilgung bei Straßenfahrt und Traktionsverbesserung auf dem Acker genutzt. Alternativ können zur Traktionsverbesserung auch Triebachsen in Anhängern verwendet werden. Eine hydraulische Lösung wurde von Poclain gezeigt. Hier wird auf dem Anhänger eine zapf-wellengetriebene druckgeregelte Verstellpumpe genutzt, um an hydraulischen Radmotoren ein vorgegebenes Drehmoment unabhängig von der Fahrsituation bereitzustellen [12]. Elektrische Triebachsen stellen eine Konkurrenz zur hydraulischen Lösung dar und könnten sich besonders bei zukünftig stärkerer Verbreitung elektrischer Leistungsbereitstellung wegen ihrer guten Regelbarkeit auf Drehmomente oder Drehzahlen durchsetzen. Von Fliegl wurde bereits eine elektrische Anhängertriebachse vorgestellt [23].
Lenkhydraulik
Es ist ein Trend zu elektrohydraulischen Lenkungen und Steer-by-wire Systemen zu beo-bachten. Insbesondere die zunehmende Verbreitung von elektrischer Leistungsversorgung macht den Einsatz elektrisch angetriebener verdrängergesteuerter Lenkeinheiten lohnens-wert.
[24] beschäftigt sich mit verdrängergesteuerten Lenkantrieben als Alternative zu drossel-gesteuerten Orbitrol-Lösungen und wendet diese am Beispiel eines knickgelenkten Rad¬laders an. Weber Hydraulik präsentierte eine elektrisch angetriebene verdrängergesteuerte Lösung, deren elektrischer Leistungsbedarf über eine Leistungselektrik oder das 12 V oder 24 V Bordnetz gedeckt werden kann (siehe Bild 5). Das System ist bisher schon in Gabelstaplern im Einsatz, soll aber auch beispielsweise in Traktoren zum Einsatz kommen. Eine Fail-Safe Funktion lässt sich bei Vorderachslenkungen über ein zusätzliches Orbitrol realisieren [8]. Voraussetzung für eine geregelte elektrohydraulische Lenkung ist die Erfassung des Lenkeinschlags. Dies lässt sich beispielsweise mit dem ebenfalls von Weber vorgestellten optischen Zylinderwegmesssystem realisieren [23].
Bild 5: Elektrisch angetriebene verdrängergesteuerte Lenkzylindereinheit [Weber-Hydraulik]
Figure 5: Electric driven displacement controlled steering cylinder unit [Weber-Hydraulik]
Danfoss präsentierte mit der Lenkeinheit OSPE eine Kombination aus Lenkorbitrol und elektro-hydraulischer Lenkventilsektion, bei der das Lenkorbitrol in Straßenfahrt die Fail-Safe Funktion erfüllt [12]. Für herkömmliche Orbitrol-Lenkungen mit großen Volumenstrom-bedarfen mussten bisher wegen des großen Kraftbedarfs bei Ausfall der hydraulischen Leistungsversorgung Orbitrole mit zwei Dosiereinheiten verwendet werden. Durch Abschalten einer der Dosiereinheiten kann ein zu großer Kraftbedarf für die Lenkung vermieden werden. In der neuen Lenkeinheit OSPU (Bild 6) wird ein Teilvolumenstrom an der Dosiereinheit vorbei durch das Ventil geleitet, sodass im Normalbetrieb auch bei großem Volumenstrombedarf mit einer kleinen Dosiereinheit gearbeitet werden kann. Im Notbetrieb werden so die Lenkkräfte klein gehalten. In zusätzlichen Lenkungen, beispielsweise in ge-lenkten Hinterachsen kann auf Fail-Safe Lösungen mit Orbitrolen verzichtet werden. Die Hinterachslenkung des Lintrac 90 von Lindner wird daher mit gleicher Priorität wie andere Arbeitshydraulikverbraucher über die Load-Sensing-Arbeitshydraulik versorgt [12].
Bild 6: Lenkeinheit OSPU [Danfoss]
Figure 6: Steering unit OSPU [Danfoss]
Zusammenfassung
Aus den aktuellen Tätigkeiten in Wissenschaft und Industrie können verschiedene Ent-wicklungstrends identifiziert werden. Effizienzverbesserungen werden im Bereich der Schaltungstechnik durch neue Verdrängersteuerungen und Bedarfsstromsysteme ange¬strebt. Mit zunehmender Verbreitung elektrischer Leistungsversorgung auf Maschinen werden auch elektrisch angetriebene Verdrängersteuerungen wie zum Beispiel in Lenkungen sinnvoll. Große Aktivitäten sind auf dem Gebiet der aufgelösten Steuerkanten zu beo¬bachten. Diese bergen das Potential sowohl für Effizienzverbesserungen als auch verbessertes Systemverhalten. Mit einigen neuen Entwicklungen wird sowohl das Verhalten von lastfühligen Systemen mit hoher Effizienz angestrebt. Von dem Trend zur Verbreitung aufwändiger Technologie auch in niedrigeren Leistungsklassen zeugen neue kleinere Maschinen mit LS-Arbeitshydraulik, leistungsverzweigten Getrieben und elektronischer Hubwerksregelung.