Beitrag in Jahrbuch 2013

Geschichte der Agrartechnik Geschichte der Agrartechnik

Kurzfassung:

Zeugnisse der Agrartechnikgeschichte sind die „eisernen“ Hinterlassenschaften, dazu Modelle, Schrifttum, Bilder und Filme. Hinzu kommen die Erinnerungen von Zeitzeugen, die verloren gingen, wenn sie niemand aufzeichnet. So vielfältig wie der Gegenstand der Agrartechnikgeschichte, so breit gefächert ist auch die Reihe der Akteure auf diesem Gebiet. Der Fachausschuss „Geschichte der Agrartechnik“ der Max-Eyth-Gesellschaft will in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit den Zugang zu den Schätzen erleichtern, sowohl für den technik-geschichtlich Interessierten, als auch für den Forscher, der die Wurzeln einer bestimmten Entwicklung besser verstehen möchte. Museen, Bibliotheken, Archive, Vereine, Institute, Firmen, Sammler und „Schrauber“ können sich bei dieser schwierigen Aufgabe gegenseitig unterstützen. Das trifft in besonderem Maße für die Digitalisierung der wertvollen Quellen zu, weil ein abgestimmtes Vorgehen bei Erfas-sung, Metadatensystem und Präsentation das Finden des jeweils Gesuchten erleichtert und die Kompatibilität erhöht. Was bislang auf diesem Wege gelungen ist will dieser Beitrag vermitteln.

Volltext

Geschichte der Agrartechnik

Jürgen Hahn, FA Geschichte der Agrartechnik im VDI/MEG

Kurzfassung

Zeugnisse der Agrartechnikgeschichte sind die „eisernen“ Hinterlassenschaften, dazu Modelle, Schrifttum, Bilder und Filme. Hinzu kommen die Erinnerungen von Zeitzeugen, die verloren gingen, wenn sie niemand aufzeichnet. So vielfältig wie der Gegenstand der Agrartechnikgeschichte, so breit gefächert ist auch die Reihe der Akteure auf diesem Gebiet.

Der Fachausschuss „Geschichte der Agrartechnik“ der Max-Eyth-Gesellschaft will in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit den Zugang zu den Schätzen erleichtern, sowohl für den technik-geschichtlich Interessierten, als auch für den Forscher, der die Wurzeln einer bestimmten Entwicklung besser verstehen möchte.

Museen, Bibliotheken, Archive, Vereine, Institute, Firmen, Sammler und „Schrauber“ können sich bei dieser schwierigen Aufgabe gegenseitig unterstützen. Das trifft in besonderem Maße für die Digitalisierung der wertvollen Quellen zu, weil ein abgestimmtes Vorgehen bei Erfas-sung, Metadatensystem und Präsentation das Finden des jeweils Gesuchten erleichtert und die Kompatibilität erhöht. Was bislang auf diesem Wege gelungen ist will dieser Beitrag vermitteln.

Schlüsselwörter

Agrartechnische Sammlung, Digitalisierung

Historical Development of Agricultural Engineering

J. Hahn, Tech. Committee Historical Development of Agricultural Engineering in VDI/MEG

Abstract

The evidences of the past from an agricultural engineering point of view are products made of iron. Moreover there are models, scriptures, pictures and movies. And there are memories of contemporary witnesses that would be lost if nobody recorded them. As manifold as is the number of topics in agricultural history as numerous is the number of protagonists in this field. In its voluntary activities the technical committee “Historical Development of Agricultural Engineering” in the VDI/MEG set out to facilitate the access to all of these treasures, both to the technically interested as well as to scientists that try to better understand the roots of designated developments.

Museums, libraries, archives, clubs, institutions, manufacturers, collectors and „do-it-yourselfers” may join in this very difficult task. This is particularly important during digitization of all the sources of high value as only in this way the information acquisition, the established metadata system and the presentation, as well as the retrieval will be standardized and simplified. This paper will try to show what has already been achieved so far.

Keywords

Collection of Historical Agricultural Engineering, digitization

Museumsbesuch und Onlineauftritt

Bisher galt, dass erst über die Schriftzeugnisse fassbar wird, was man aus dem Erfahrenen als Geschichte versteht. Heute zeichnet sich ab, dass eine Überlieferung nur noch dann „ankommt“, wenn sie auch online verfügbar ist. Daher rührt das verstärkte Bemühen, agrartechnische Sammlungen und deren Exponate der interessierten Fachöffentlichkeit über das jederzeit abrufbare Digitalisat leichter zugänglich zu machen.

Macht das den Museumsbesuch etwa obsolet? Keineswegs! Zumal wir in Deutschland glücklicherweise das „Deutsche Landwirtschaftsmuseum“ gleich zweimal haben: http://www.deutsches-landwirtschaftsmuseum.de. Jeweils mit Sammlungen, die in Europa ihresgleichen suchen und mit ausgezeichneten museumspädagogischen Konzepten. Besuche in Hohenheim und in Blankenhain lohnen sich also gleichermaßen.

Bild 1: Deutsches Landwirtschaftsmuseum

Figure 1: German museum of agriculture

In dem Maße, wie sukzessive eine digitale Inventarisierung der umfangreichen Bestände gelingt, entstehen Objektdatenbanken, die den Zugang und die wissenschaftliche Erschlie-ßung wesentlich erleichtern. Diesem Weg hat sich die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) www.deutsche-digitale-bibliothek.de verpflichtet, die 30.000 deutsche Kultur- und Wissen-schaftseinrichtungen wie Museen, Archive oder Bibliotheken vernetzen und über eine gemeinsame Plattform öffentlich zugänglich machen soll. Die DDB soll auf europäischer Ebene in die Europeana integriert werden: www.europeana.eu.

Hebt man die beiden Häuser des Deutschen Landwirtschaftsmuseums heraus, so muss man im gleichen Atemzug die vielen regionalen Agrarmuseen in Deutschland, aber auch in Österreich und der Schweiz nennen, die in ihren Ausstellungsbereichen und Depots unter anderem über historische Landmaschinen in großer Vielfalt und in prächtigem Erhaltungszustand verfügen.

Kann es übrigens eine bessere Bestätigung für die Zukunftsfähigkeit eines Museums geben, als wenn es einen Neubau erhält? Seit dem 7. September 2013 empfängt das „BARNIM PANORAMA Naturparkzentrum - Agrarmuseum Wandlitz“ seine Besucher in einem neuen Haus vor den Toren Berlins. Zum ersten Mal werden die Themen Natur, Landnutzung und Landtechnik unter einem Dach vereint. Die integrierte Ausstellung „Geformte und genutzte Landschaft“ versinnbildlicht das.

Hier fand auch das Agrarmuseums Wandlitz seine neue Heimstatt, das sich mit seiner fast 60jährigen Tradition zu einem Besuchermagnet weit über die Region hinaus entwickelt hat. Seine agrarhistorische Sammlung bildet den Grundstock der neuen Dauerausstellung mit der Landmaschinen- und Traktorenpräsentation als Herzstück. Der Kettenschlepper HANOMAG WD Z 25 von 1923, ein Allrad-LANZ-Bulldog von 1924 oder der CLAAS-Mähdreschbinder MDB aus dem Baujahr 1941 zählen zu den historischen Highlights. Traktoren, von der „Brockenhexe“ (1949) bis zum ZT 323 (1989), veranschaulichen den DDR-Traktorenbau von den Anfangsjahren bis zum Ende: http://www.museum-wandlitz.de/.

Die namhaften deutschen Landmaschinen-Unternehmen unterstützen die Museen vielfach großzügig und zeigen ihr Traditionsbewusstsein unter anderem in ihren Firmenjubiläen.

Eine Sternstunde, an der auch der Fachausschuss „Geschichte der Agrartechnik“ im Rahmen seiner Jahressitzung 2013 teilhaben konnte, war das Jubiläum „150 Jahre Landtechnik aus Leipzig – von Rudolf Sack bis AMAZONE“.

Das im Mai 1863 von Rudolf Sack gegründete Unternehmen, die Rud. Sack Landmaschinen KG, konnte sich seinerzeit rasch zur größten Landmaschinenfabrik Deutschlands entwickeln. Das heutige Nachfolgeunternehmen, die BBG Bodenbearbeitungsgeräte Leipzig GmbH & Co. KG, ist ein Tochterunternehmen der AMAZONE-Gruppe, die an historischer Stätte in Leipzig eine würdige Festveranstaltung ausrichtete. Den Abschluss bildete eine Ehrung des Landtechnik-Pioniers am restaurierten Grabmal der Familie Sack auf dem Friedhof in Leipzig-Plagwitz [1 bis 3].

Digitalisierung von wertvoller historischer Landtechnikliteratur

Auf einen besonders reichhaltigen Schatz landtechnischen Schrifttums wurde bereits im Jahrbuch Agrartechnik 2012 aufmerksam gemacht [4]. Mit dem Ziel, Altes zu sichern und für eine spätere Digitalisierung und wissenschaftliche Auswertung vorzuhalten, sind im Agrar-historischen Archiv Prillinger etwa 700.000 unterschiedliche Belege aus mehr als drei Jahrhunderten bewegter Landtechnik-Geschichte abgelegt: www.prillinger-archiv.at.

Große Fortschritte wurden im zurückliegenden Jahr auch bei der Digitalisierung ausgelaufener Zeitschriftenreihen der Agrartechnik gemacht. Der Initiator Prof. Dr. Griepentrog vom Institut für Agrartechnik der Universität Hohenheim schreibt in seinem Editorial zur digitalen Ausgabe der 1990 eingestellten Fachzeitschrift Grundlagen der Landtechnik: „Die Grundlagen der Landtechnik in digitaler Form zu präsentieren, trägt dem Anspruch des modernen Wissenschaftsalltags Rechnung. Was heute nicht in digitaler Form vorliegt, existiert zwar, wird aber … nur noch bedingt wahrgenommen. Um den enormen Fundus an qualitativ hochwertigen Forschungsergebnissen der Grundlagen der Landtechnik vor dem ‚Verstauben‘ in Archiven zu bewahren, … haben wir die Zeitschrift digitalisiert und als Open Journal System (OJS) im System Public Knowledge Project (PKP) für Wissenschafts- und Forschungszwecke kostenlos ins Netz gestellt. Über Autoren-, Titel-, Abstract- und Volltextsuche sind nun 25 Jahre profunde Landtechnikforschung mühelos zu erschließen: http://440ejournals.uni-hohenheim.de/index.php/Grundlagen.“

Ermutigt durch die durchweg positiven Erfahrungen bei der Rezeption der digitalen „Grundlagen …“ (11200 Besucher in 7 Monaten) und auch dank tatkräftiger Unterstützung durch Dr.-Ing. Krombholz können weitere analoge Schätze der agrartechnischen Fach¬literatur „gehoben“ werden. In Vorbereitung befinden sich die „Grundlagen der Landtechnik - Konstrukteurhefte“ (erschienen 1951 bis 1964), die „Deutsche Agrartechnik – agrartechnik“ (erschienen 1951 bis 1990) sowie die „Agrartechnische Forschung“ (erschienen 1995 bis 2007).

Darüber hinaus gilt die Aufmerksamkeit des Fachausschusses „Geschichte der Agrartechnik“ weiterhin den Persönlichkeiten, Unternehmen, Erzeugnissen und Ereignissen, die die Entwicklung der Agrartechnik in den zurückliegenden 150 Jahren nachhaltig geprägt haben. Dies kann in ausführlicher, monografischer Form geschehen [2, 3, 5]. Noch breitenwirksamer können aber wiki-ähnliche Kurzberichte über prägende Persönlichkeiten, Produkte und Produzenten der Agrartechnikgeschichte sein – ein Genre, für das Dr.-Ing. Krombholz mit Hingabe sammelt und um tätige Mithilfe wirbt.

Zu den erfolgreichen Kernprojekten des Fachausschusses Geschichte der Agrartechnik gehört zweifellos AgTecCollection in mediaTUM. Mit diesem technikgeschichtlichen Datenbank-Projekt hat sich Prof. Dr. Auernhammer seit etwa 12 Jahren um das Digitalisieren und Zugänglichmachen agrartechnischer Foto- und Schrifttumssammlungen verdient gemacht [6]. Inzwischen ist die Saat reichlich aufgegangen.

Mit Stand November 2013 zeigt die Nutzungsstatistik 687.000 Gesamtzugriffe aus 86 Ländern, darunter etwa 34.000 Gesamtdownloads für Bilder und etwa 10.000 Gesamt-downloads für Schriften. Die detaillierte Statistik (Tabelle 1) reicht bis zum 31.12.2012.

Tabelle 1: Publikations-, Zugriffs- und Downloadstatistik 07/2009 – 12/2012 [Auernhammer]

Table 1: Statistics of publication accesses and downloads 07/2009 – 12/2012 [Auernhammer]

Statistik „AgTecCollection in mediaTUM®, Stand 12/2012

Publikationsjahr in mediaTUM® 2009 2010 2011 2012 Summe

Zugriffe AgTecCollection 37.641 78.600 242.200 150.379 508.820

Bilder Publiziert 6.856 8.723 6.342 4.907 35.839 *

Download-IDs 927 17.841 5.201 4.802 20.170

Download-Summe 1.348 43.135 9.235 8.543 62.261

Schriften Publiziert 42 180 19 3 244

Download-IDs 39 222 176 200 244

Download-Summe 328 1.705 3.494 3.310 8.837

* Inklusive der 3.872 Bilder aus der Testphase zu Publikationsbeginn in 7/2009 und

inklusive der 5.139 Bilder der Humboldt-Universität zu Berlin, publiziert in 2008

Auf das überdurchschnittlich große Interesse der Schlüter-Fans lässt Bild 2 schließen, mit 204 Abrufen der Spitzenreiter bei den Bildern (ID=00730653).

Bild 2: SCHLÜTER-Traktor mit 8-scharigem GASSNER Kehrpflug

Figure 2: SCHLÜTER tractor with 8 body Gassner reversible moldboard plows

Mit 86 Downloads ganz weit vorn liegt aber auch Bild 3, das auf vorwiegend wissenschaft-liches Interesse schließen lässt (ID=00012357). In der Rangliste der Schriften-Downloads führt eine Dissertation aus dem Jahre 2011 (ID=00997197).

Bild 3: Traktorbauarten mit wichtigen Kenngrößen zu Leistung, Zugkraft und Wirkungsgrad

Figure 3: Tractor concepts with characteristic numbers of performance, tractive power and system effectiveness

Jeder Beitrag zur Agrartechnikgeschichte verdient Anerkennung. Sei es das Sammeln von Sachzeugnissen oder das Aufbereiten durch Sichten, Katalogisieren und Digitalisieren. Der Fachausschuss Geschichte der Agrartechnik hätte seinen selbst gestellten Auftrag dann erfüllt, wenn er beim Zugänglichmachen der Schätze koordinierend wirken könnte.

Empfohlene Zitierweise:
Hahn, Jürgen: Geschichte der Agrartechnik. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2013. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2014. – S. 1-7

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