Beitrag in Jahrbuch 2013

Technik in der Tierhaltung Technik in der Geflügelhaltung

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Kurzfassung:

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über aktuelle Rahmenbedingungen in der Geflügelhal¬tung. Neue, alternative Haltungssysteme sind in der Legehennenhaltung, aber auch in der Geflügelmast, notwendig. Der Rondeel-Stall ist ein neues Stallkonzept für Legehennen, das vom Niederländischen Landwirtschaftsministerium initiiert und von der Firma Rondeel BV zur Praxisreife entwickelt wurde. Das Rondeel-Konzept zielt darauf ab, Themen wie Tierschutz, Umweltschutz und Verbraucherakzeptanz zu vereinbaren. Für Mast¬hähnchen stellt das "Optimum Vita" ein innovatives Haltungssystem dar, das Aspekte des Tierwohls, der Tiergesundheit und der Nachhaltigkeit vereint. Die Masthähnchen schlüpfen in diesem System im Stall und verbleiben am gleichen Standort, so dass optimale Bedingungen für den gesamten Mastdurchgang gegeben sind.

Volltext

Technik in der Geflügelhaltung

Jutta Berk,

Institut für Tierschutz und Tierhaltung Celle, Friedrich-Loeffler-Institut

Kurzfassung

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über aktuelle Rahmenbedingungen in der Geflügelhal¬tung. Neue, alternative Haltungssysteme sind in der Legehennenhaltung, aber auch in der Geflügelmast, notwendig. Der Rondeel-Stall ist ein neues Stallkonzept für Legehennen, das vom Niederländischen Landwirtschaftsministerium initiiert und von der Firma Rondeel BV zur Praxisreife entwickelt wurde. Das Rondeel-Konzept zielt darauf ab, Themen wie Tierschutz, Umweltschutz und Verbraucherakzeptanz zu vereinbaren. Für Mast¬hähnchen stellt das "Optimum Vita" ein innovatives Haltungssystem dar, das Aspekte des Tierwohls, der Tiergesundheit und der Nachhaltigkeit vereint. Die Masthähnchen schlüpfen in diesem System im Stall und verbleiben am gleichen Standort, so dass optimale Bedingungen für den gesamten Mastdurchgang gegeben sind.

Schlüsselwörter

Tierschutz, innovative Haltungssysteme, Legehennen, Masthähnchen

Machinery and Techniques in Poultry Husbandry

Jutta Berk,

Institute of Animal Welfare and Animal Husbandry, Federal Research Institute for Animal Health

Abstract

This article gives an overview of the current basic conditions in the poultry husbandry. New alternative housing systems are necessary in laying hen husbandry, but also in fattening poultry. The Rondeel stable is a new housing concept for laying hens that was initiated by the Dutch Agricultural Ministry and developed by the company Rondeel BV for practical application. The Rondeel concept aims to address topics like animal welfare, environmental care and consumer demand. The "Optimum Vita" represents an innovative housing system specifically for broilers that combines aspects of animal welfare, health and sustainability. The broilers hatch out in this system in the stable and remain within the same location, so that optimum conditions for the complete fattening period are given.

Keywords

Animal welfare, innovative housing systems, laying hens, broilers

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die Grundlagen des deutschen Tierschutzrechtes sind im Tierschutzgesetz in der Neu¬fassung vom 18. Mai 2006 festgelegt [1]. Anforderungen an das Halten von Nutztieren regelt die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung [2], die für Nutztiere Anwendung findet, die zu Erwerbszwecken gehalten werden. In Abschnitt 1 dieser Verordnung sind allgemeine Bestimmungen festgelegt, während in den speziellen Teilen rechtsverbindliche Vorgaben an die Haltung von Nutztieren (Kälber, Legehennen, Schweine, Hähnchen, Pelztiere) geregelt sind. Mit der Richtlinie 2007/43/EG des Rates vom 28. Juni 2007 [3] mit Mindestvorschriften zum Schutz von Masthühnern wurden vom Rat der Europäischen Gemeinschaften gemein-schaftsrechtliche Tierschutzregelungen zur Haltung von Masthühnern erlassen. Am 9. Oktober 2009 wurde die „Vierte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhal-tungsverordnung“ mit Anforderungen an die Haltung von Masthühnern in Kraft gesetzt [4], die der Umsetzung der EU-Richtlinie dienen [3]. Nach der Erarbeitung der "Bundes¬einheitlichen Leitlinien für die gute betriebliche Praxis zur Haltung von Masthühnern" [5] lösen diese und die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (Abschnitt 4) die Bundesein¬heitlichen Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Jungmasthühnern (Broiler, Masthähnchen) und Mastputen vom 2. September 1999 ab [6].

Für Mastputen, Peking- und Moschusenten gibt es nach wie vor keine gemeinschafts-rechtlichen Tierschutzregelungen, sondern nur entsprechende Empfehlungen des Ständigen Ausschusses des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirt-schaftlichen Tierhaltungen [7 bis 9]. Die im Jahr 2011 begonnene grundlegende, fachliche Überarbeitung der „Bundeseinheitlichen Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen“ [6] aus dem Jahr 1999, unter Einbeziehung von Experten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft unter Beteiligung von Vertretern aus Tierschutzorganisationen und dem Deutschen Bauernverband, wurde erfolgreich abge-schlossen und gilt seit dem 1. Oktober 2013 [10]. Die maximal zulässigen Besatzdichten betragen 58 kg/m² Lebendgewicht bei den Hähnen und 52 kg/m² bei Putenhennen. Voraussetzung dafür ist die verpflichtende Teilnahme der Putenhalter an einem Gesund-heitskontrollprogramm. Die im Rahmen dieses Gesundheitskontrollprogrammes erhobenen tierbasierten Indikatoren sollen vergleichende Rückschlüsse auf den Gesundheitsstatus der Puten ermöglichen. Die Erhebungen sollen mit Beginn des Jahres 2014 anfangen und schließen verschiedene Parameter aus der Aufzucht und Mast (z. B. Verluste, Fußballen-gesundheit, Brusthautveränderungen der Hähne) ein. Der Putenhalter erhält die Ergebnisse, so dass im Bedarfsfall entsprechende Maßnahmen gemeinsam mit dem bestandsbetreuen-den Tierarzt erarbeitet werden können, um so eine Verbesserung des Tierwohls zu erzielen. Weitere Kernpunkte der neuen Bundeseinheitlichen Eckwerte für Puten stellen der Sachkundenachweis, das Anbieten von Beschäftigungsmaterial und Stallstrukturierungen, die Empfehlungen für Versorgungseinrichtungen sowie Vorgaben für die Lüftung und Beleuchtung dar.

Alternative Stallkonzepte

Die Universität Wageningen entwickelte im Rahmen einer Studie "Houden van Hennen" ein tierartgerechtes Stallkonzept für Legehennen unter Einbeziehung des Niederländischen Tierschutzbundes und der Verbraucher, das Rondell oder Rondeel [11; 12]. Das neuartige Konzept wurde von mehreren Tierschutzorganisationen ausgezeichnet und ist außerdem durch einen geringeren Flächenverbrauch in Verbindung mit reduzierter Kohlendioxid-produktion und abgesenkter Ammoniakemission interessant. Es wurde erfolgreich in die Praxis umgesetzt und mittlerweile an drei Standorten in den Niederlanden realisiert, nämlich in Barneveld, Wintelre und Ewijk. Die Eierproduktion im ersten Stall in Barneveld begann im April 2010. Der Baubeginn für den dritten Stall in Ewijk war im November 2011. Er wurde nach ca. 5 Monaten im März 2012 fertiggestellt [13]. Der Rondeel-Stall ist ein rundes Stall-system, in dem insgesamt 30.000 Legehennen pro Betrieb in 10 Stallsegmenten unter-gebracht werden können, die sternförmig um den zentralen Mittelbereich angeordnet sind [13 bis 16; 18]. In diesem befindet sich im Erdgeschoss der Bereich für den Betriebsleiter, die Eiersortierung und die Packstation. In der ersten Etage sind Räume für Besucher vorhanden, von denen aus man durch einen gläsernen Besuchertunnel direkt zu den Tieren gelangt. In der zweiten Etage ist die Technik untergebracht, unter anderem Wärmetauscher zur Klimaregulierung sowie das System zur Kottrocknung. Jede Stalleinheit besteht aus einem Innen- und Außenbereich, wobei der Innenbereich (Nachtbereich) einer konventio¬nellen Volierenhaltung (Bild 1) entspricht. An den Innenbereich schließt sich der überdachte Auslauf (Tagesbereich) mit Staubbademöglichkeiten an. Durch die effiziente Gestaltung des Rondeels entstehen zwei Klimazonen, wobei im Innenbereich konstant 20 °C herrschen, während in den regengeschützten Ausläufen (Überdachung mit durchsichtiger Folie) zwischen den Ställen Außenklima vorhanden ist. Der Innenbereich kann vom Außenbereich (Tagesbereich, Zugang nach Eiablage bis zur Dämmerung) durch eine durchgängig hoch-ziehbare Jalousie getrennt werden [16; 18]. Als Bodenbelag im Außenbereich wird speziell angefertigter Kunststoffrasen verwandt, der mittels eines fahrbaren Industriesaugers von Staub und Schmutz gereinigt wird. Nach jedem Durchgang wird eine komplette Nassreini-gung durchgeführt. Der gesamte Komplex ist mit einem Windschutznetz versehen, das den sogenannten "Waldrand" abtrennt (Bild 2), der je nach Wetterlage für die Tiere zugänglich ist. Dieser ist mit Sand und Hobelspänen sowie Ästen und Baumstümpfen versehen und kann bei Bedarf abgetragen und erneuert werden [18]. Ursprünglich war er mit Bäumen und Büschen versehen, die jedoch innerhalb kürzester Zeit von den Hennen zerstört wurden [12].

Die Transparenz der Eierproduktion stellt einen wichtigen Teil des Marketingkonzeptes dar, so dass ein Besuch ohne Anmeldung die ganze Woche über möglich ist [16; 18]. Die Vermarktung der Eier erfolgt als Eier aus Bodenhaltung, da die Größe der Ausläufe nicht den gesetzlichen Anforderungen für die Freilandhaltung entspricht [18], über die Rondeel BV direkt an die Supermarktkette Albert Hejn. Der Preis wird von den Erzeugern festgelegt. Die Besucher können Eier aber auch direkt beim Erzeuger, nach erfolgter Besichtigung des Stalles, erwerben. Der Marktanteil liegt derzeit bei ca. 1 % [17]. Die Eier werden in auffälligen runden Eierverpackungen vermarktet (Bild 3), die sieben Eier, ein Ei für jeden Tag, enthält [18]. Die kompostierbare Eierverpackung besteht aus Kartoffelstärke.

Der Durchmesser dieses innovativen Systems beträgt 85 m, wobei die Stallbaukosten mit 60 Euro pro m² deutlich höher sind als bei konventioneller Bauweise [16].

Bild 1: Voliere im Stall, Nachtbereich (Foto: Rondeel BV)

Figure 1: Aviary in the stable, night quarter (photo: Rondeel BV)

Bild 2: Sogenannter "Waldrand" an der Außenseite (Foto: Rondeel BV)

Figure 2: So-called "wooded fringe" at the outer side (photo: Rondeel BV)

Bild 3: Runde Eierverpackung mit sieben Eiern (Foto: Rondeel BV)

Figure 3: Round egg box which contains seven eggs (photo: Rondeel BV)

Optimum Vita - innovative Hähnchenmast

Dieses innovative System für die Hähnchenmast verfolgt ein neues Konzept und ermöglicht optimale Startbedingungen für die Küken, da die Tiere direkt im Stall schlüpfen [19]. Die Bruteier werden von einem Elterntierbetrieb bezogen, so dass Kreuzinfektionen ausge-schlossen werden können. Üblicherweise schlüpfen die Küken in der Brüterei und werden von dort zu den einzelnen Mastbetrieben gefahren. Im Gegensatz dazu werden die Eier bei "Optimum Vita" nach dem Schieren am 18. Bruttag aus der Brüterei (Vorbrut, Pre Care) auf Horden in den Stall gebracht (High Care). In diesen Horden schlüpfen sie nach drei Tagen direkt im Stall und gelangen von dort direkt auf den entsprechend vorbereiteten, geheizten und mit Einstreu versehenen Stallboden (Bild 4). Vorteil dieses Verfahrens ist, dass den Küken unmittelbar nach dem Schlupf Futter und Wasser zur Verfügung steht, so dass sie einen optimalen Start haben (Bild 5). Dies wirkt sich positiv auf die Kükenvitalität aus und reduziert die Verluste, zumal hier das System all-in-all out angewendet wird. Nach zehn Tagen werden die Broiler in den Endmaststall (Living) gebracht, der mit speziell auf die Bedürfnisse von wachsenden Hähnchen abgestimmten Futter- und Wassersystemen ausgerüstet ist. Dieser befindet sich am gleichen Standort, so dass lange Transportwege vermieden werden. Die Tiere aus dem High Care-Stall (ca. 110.000 Küken) mit einer Besatz-dichte von ca. 44 Küken/m² werden auf zwei Endmastställe (jeweils ca. 55.000 Masthähn-chen) bei einer Besatzdichte von 21,8 Küken/m² aufgeteilt. Dies ermöglicht eine optimale Nutzung der Stallflächen. Hinzu kommt eine effiziente Nutzung der Bodenheizung, die in Abhängigkeit vom Alter für die optimale Stalltemperatur sorgt, da die überschüssige Wärme aus den Mastställen mittels Wärmetauscher im Bodenheizungssystem im Aufzuchtstall verwendet wird, so dass die Energiekosten reduziert werden. Weitere Vorteile sollen in der Phosphat- und Stickstoffreduktion im Vergleich zu konventionellen Haltungssystemen sowie in einer Verminderung des Antibiotikaeinsatzes liegen. Im Vergleich zu 40 Durchgängen mit der üblichen konventionellen Haltung ergab sich nach derzeit 14 Mastdurchgängen im System "Optimum Vita" eine Verbesserung der Futterverwertung um ca. 6 % [pers. Mitteilung Klaas Knol] bei einem Mehrerlös von ca. 4 Cent/kg Lebendmasse [19]. Das Tierverhalten kann mit Hilfe von Webcams und einer Onlineverbindung kontinuierlich beobachtet werden, so dass bei Bedarf auch schnell gehandelt werden kann. Insgesamt können 21 Mastdurch-gänge pro Jahr bei einer Mastdauer von bis zu 42 Tagen realisiert werden. Da immer mehrere Mastdurchgänge parallel laufen, die sich teilweise überlappen, ist eine optimale Ausnutzung der Stallfläche möglich, die ca. 30 % beträgt. Im Abstand von 18 Tagen werden 118.000 Bruteier bezogen, aus denen ca. 110.000 Küken schlüpfen, also insgesamt 2.25 Millionen Küken pro Jahr.

Ein ähnlich kombiniertes Brut- und Schlupfsystem für Broiler im Stall (Patio-System) wurde von der Firma Vencomatic entwickelt, wobei die Masthähnchen in Gegensatz zu "Optimum Vita" in einem Etagensystem schlüpfen [15].

Bild 4: Schlupf der Küken im Stall, High Care (Foto: Klaas Knol)

Figure 4: Hatching of chickens in the stable, High Care (photo: Klaas Knol)

Bild 5: Broiler nach dem Schlupf im Stall, High Care (Foto: Klaas Knol)

Figure 5: Broilers after hatching in the stable, High Care (photo: Klaas Knol)

Zusammenfassung

Die seit dem 1.10.2013 geltenden "Bundeseinheitlichen Eckwerte für eine freiwillige Verein-barung zur Haltung von Mastputen" sollen unter Beachtung der Europaratsempfehlungen in Bezug auf Puten (Meleagris gallopavo ssp.) aus dem Jahre 2002 bis zur Verabschiedung rechtsverbindlicher Vorschriften auf EU- und/oder nationaler Ebene der Sicherstellung einer nach § 2 Tierschutzgesetz vorgegebenen Putenhaltung dienen. Wesentliche Kernpunkte der überarbeiteten Eckwerte werden kurz erläutert. Das in den Niederlanden entwickelte Stall- und Vermarktungskonzept des Rondeelstalles für Legehennen hat sich auf dem Markt etabliert. Mittlerweile sind drei Betriebe in den Niederlanden vorhanden, deren Zielstellung eine nachhaltige transparente Produktion ist, die vom Verbraucher akzeptiert wird. Der Marktanteil der Eier ist noch ausbaufähig und beträgt derzeit ca. 1 %. Optimale Voraus-setzungen vom Schlupf im Stall bis zum Mastende unter Beachtung des Tierwohles, der Tiergesundheit und der Nachhaltigkeit erfüllt ein neues System für die Hähnchenmast, das unter dem Namen "Optimum Vita" geführt wird. Die Masthähnchen werden am 18. Tag der Brut in den Stall gebracht und schlüpfen dort, so dass die Tiere unmittelbaren Zugang zu Futter und Wasser und damit gute Startbedingungen haben. Vorteile des innovativen Systems sind in einer Verbesserung der Tiergesundheit und der Futterverwertung zu sehen, die sich auch in höheren Erlösen widerspiegeln.

Empfohlene Zitierweise:
Berk, Jutta: Technik in der Geflügelhaltung. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2013. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2014. – S. 1-9

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