Beitrag in Jahrbuch 2012

Bodenbearbeitungstechnik Bodenbearbeitungstechnik

Kurzfassung:

Der Markt für Bodenbearbeitungstechnik entwickelt sich weiterhin dynamisch. Wesentliche Forschungs- und Entwicklungsrichtungen sind die Anpassbarkeit der Maschinensysteme an vorherrschende Bodenbedingungen, die teilflächige und teilflächenspezifische Bodenbearbeitung sowie die Erhöhung des Verschleißschutzes der einzelnen Werkzeuge.

Volltext

Bodenbearbeitungstechnik

Thomas Herlitzius, André Grosa, Bruno Edler von der Planitz,

Institut für Verarbeitungsmaschinen und mobile Arbeitsmaschinen (IVMA), Professur Agrarsystemtechnik, Dresden

Kurzfassung

Der Markt für Bodenbearbeitungstechnik entwickelt sich weiterhin dynamisch. Wesentliche Forschungs- und Entwicklungsrichtungen sind die Anpassbarkeit der Maschinensysteme an vorherrschende Bodenbedingungen, die teilflächige und teilflächenspezifische Bodenbearbeitung sowie die Erhöhung des Verschleißschutzes der einzelnen Werkzeuge.

Schlüsselwörter

Bodenbearbeitung, Streifenbearbeitung, teilflächenspezifische Bearbeitung, Werkzeugverschleiß

Tillage

Thomas Herlitzius, André Grosa, Bruno Edler von der Planitz,

Institut für Verarbeitungsmaschinen und mobile Arbeitsmaschinen (IVMA), Professur Agrarsystemtechnik, Dresden

Abstract

The market for tillage technology is still developing in a dynamic way. Significant research and development trends are the adaptivity of machine systems to prevailing soil conditions, strip till and precision tillage and increasing the individual tools' wear resistance.

Keywords

Tillage, strip till, precision tillage, tool wear

Allgemein

Der europäische Markt für Bodenbearbeitungstechnik wuchs 2011 weiter dynamisch. Dieser Trend spiegelt sich auch in den deutschen Umsatzzahlen wider. So wurden gegenüber 2010 ca. 16 % mehr Maschinen und Geräte verkauft (Bild 1). Bodenbearbeitungs- und Sätechnik haben dabei jeweils Anteile von etwa 5 % am Gesamtvolumen der verkauften Landtechnik. Vor allem Technik zur konservierenden Bodenbearbeitung, wie Kurzscheibeneggen und Grubber wurden nachgefragt. Aber auch Pflüge konnten ihre Marktstellung behalten.

Ab Mitte 2012 erwartet der VDMA eine leichte Abschwächung des Wachstums. Der Ausblick in die Zukunft fällt aufgrund der zu erwartenden Investitionen, vor allem aus Russland und Asien, aber weiterhin positiv aus [1; 2].

Laut einer Umfrage unter deutschen Landwirten planen 18 % der Befragten für 2012 in Technik zur Bodenbearbeitung zu investieren [3].

Bild 1: Marktentwicklung für Bodenbearbeitungs- und Bestelltechnik in Deutschland [1]

Figure 1: Market volume of tillage and seeding machines in Germany [1]

Bearbeitung von Teilflächen, Strip-Till

Die Arbeitserledigungskosten sind trotz der Rationalisierungsmaßnahmen der letzten Jahre immer noch einer der größten Kostenfaktoren in den landwirtschaftlichen Produktionsverfahren [4].

Im Bereich der konservierenden, nicht wendenden Bodenbearbeitung können die Verfahrenskosten durch eine teilflächige Streifenbearbeitung (Strip-Till) reduziert werden.

Da beim Strip-Till nur etwa 50 % der Fläche bearbeitet werden, wird dieser Technik ein hohes Einsparpotenzial für Kraftstoff und eine deutliche Schlagkrafterhöhung zugeschrieben. Gleichzeitig wird der Boden in den bearbeiteten Streifen intensiv gelockert und soll sich ähnlich schnell erwärmen wie bei ganzflächiger Bearbeitung. Die Geräte können in zwei Bauformen unterteilt werden, denen verschiedene Prinzipien zugrunde liegen. Zinkenmaschinen besitzen Einzelwerkzeuge in Form von Grubberzinken, die üblicherweise ein Meißel- oder Schmalschar mit dahinterliegender Saat- und Düngerleitung tragen [5; 6]. Geräte mit Scheibensechen und nachfolgenden Räumwerkzeugen schneiden in die Mulchauflage und fördern Pflanzenmaterial aus dem Arbeitsbereich, bevor der Boden durch einen Zinken gelockert wird. Auch in diesem Falle können hinter dem Zinken Dünger und teils Saatgut in definierte Horizonte abgelegt werden. Neben dem Zinken laufen Scheibenwerkzeuge, die den aufgeworfenen Boden abfangen und wieder im Arbeitsbereich ablegen. Dort erfolgt dann eine Rückverdichtung durch eine nachlaufende Andruckrolle. Anders als bei den Zinkengeräten wird bei der scheibenbasierten Technik kaum Boden auf die unbearbeiteten Streifen geworfen. Außerdem erfolgt bei dieser Variante die Aussaat vorteilhaft in einem separaten Arbeitsgang [7].

Bild 2: Anordnung von Scheibenwerkzeugen mit Düngerschar zur Streifenbearbeitung am Kuhn Striger [8]

Figure 2: Arrangement of disc tools with a fertilizer blade for strip till technology, Kuhn striger [8]

In Europa trifft die Strip-Till Technologie neben veränderten Klimabedingungen auf ein fast doppelt so hohes Ertragsniveau, verglichen mit Nordamerika und damit auch auf größere Mulchauflagen. Dem Wunsch europäischer Kunden, auch Gülle mit in die Streifen einzuarbeiten, wurde bereits mit ersten Lösungen entsprochen (z. B. XTill Technologie der Fa. Vogelsang) [9].

Gerätesteuerung und ortsspezifische Bodenbearbeitung, Precision Farming

Bei der ganzflächigen Bearbeitung werden aktuell Systeme vorgestellt, die online während der Feldarbeit Geräteeinstellungen ermöglichen. Dazu zählt die von Lemken gezeigte Walzen - Antischlupfregelung (ASR) für gezogene Bodenbearbeitungsgeräte. Das System soll vermeiden, dass die Nachlaufwalze im Bodenbearbeitungsgerät eine Bodenwelle vor sich aufschiebt. Dieser sogenannte Bulldozingeffekt tritt vor allem bei leichteren Böden auf und führt zu einem erhöhten Zugkraftbedarf. Außerdem sinkt die Rückverfestigungsleistung der Walze. Bei der ASR wird aus der sensorisch gemessenen Walzendrehzahl deren Umfangsgeschwindigkeit berechnet und mit der realen Arbeitsgeschwindigkeit verglichen. In Abhängigkeit vom errechneten Werkzeugschlupf kann nun die Walze entlastet werden. So wird hydraulisch Druck von der Walze auf das Fahrwerk des Gerätes verlagert [10].

Bild 3: Schematische Darstellung Bestellkombination mit Fahrwerk und Bodenwalze, Sensor zur Erfassung der Bodenwalzendrehzahl (1) und Fahrgeschwindigkeit (2) [Lemken]

Figure 3: Trailed drill combination with measuring chassis and roller (1) pressure and impulse wheel measuring driving speed (2) [Lemken-antislip]

Auf der Sima 2011 wurde eine Saatbettkombination (Franquet) vorgestellt, bei dem die Arbeitstiefe der einzelnen Werkzeugsektionen Zinkenfeld, Planierschilder und Tandemwalzen von einem Steuermodul aus der Traktorkabine heraus, eingestellt werden können. Die Zinkenrahmen sind vorn und hinten jeweils mit Koppelgliedern parallel zum Hauptrahmen angelenkt. Über Winkelsensoren an den Koppelgliedern wird die Arbeitstiefe des Zinkenfeldes gemessen. Die Arbeitstiefeneinstellung erfolgt mit Hydraulikzylindern [10]. Die Vorgaben können ständig vom Traktor aus verändert werden, somit ergibt sich eine prinzipielle Eignung für teilflächenspezifische Saatbettbereitung.

Zur Gerätesteuerung auf der Basis von Boden- oder Bedeckungsparametern sind kontinuierlich arbeitende, funktionssichere Messsysteme für diese Parameter erforderlich.

Seit 2007 erforschen Mitarbeiter der Universitäten Kassel und Kiel in Kooperation mit der Firma Amazone das Potenzial eines online, standortspezifisch arbeitenden Bodenbearbeitungssystems. Der Grubber regelt die Arbeitstiefe in Abhängigkeit von verschiedenen Bodenparametern sowie der Bodenbedeckung durch Ernterückstände der Vorfrucht automatisch. Das Ziel ist eine im Hinblick auf Erosionsschutz, Feldaufgang und Energieverbrauch optimierte teilflächenspezifische Bodenbearbeitung [11]. Der Bedeckungsgrad wird optisch mit einer schwarz/weiß Kamera im Traktor Frontanbau mit einem Aufnahmeabstand von ca. 1 m online erfasst. Die Parameter Bodenfeuchte und Textur wurden bei separater Überfahrt indirekt über die Bodenleitfähigkeit mit einem Messschlitten bis in eine Tiefe von 1,5 m erfasst. Mit zusätzlicher Nutzung der Ertragsdaten wurden durch Interpolation mithilfe der Geoinformationssoftware ArcGIS nach dem Verfahren „Ordinary Kriging“ georeferenzierte Karten als Basis für die Steuerung der Grubberarbeitstiefe erstellt.

Wichtiger Punkt bei allen online Verfahren ist die Echtzeitauswertung und -aufbereitung der Datensätze mit passfähigen statistischen Methoden. Hier wird am National Soil Recources Institute der Cranfield University (Großbritannien) an Verfahren zur dreidimensionalen Bodendichtekartierung geforscht [12]. Bei Dichtemessungen mit dem Penetrometer muss die Bodendichte für die Flächen zwischen den Messpunkten interpoliert werden. Eine heute übliche statistische Methode dazu ist das aus dem Bergbau stammende „3D Kriging“. Das vorgestellte, neue Verfahren „Top-Down-Mapping“ ermöglicht eine differenziertere Datenaufbereitung und damit präzisere 3D-Kartierungen.

Bild 4: Vergleich der 3D Kartierung mit dem Kriging Verfahren (links) und dem Top-Down-Mapping Verfahren (rechts) in 3 Ebenen

Figure 4: Comparison of various mapping methods, Results: 3D kriging (left) and the proposed mapping method (right) in 3 layers [12]

Konzepte zur Erhöhung der Verschleißfestigkeit

Die Erhöhung der Arbeitsgeschwindigkeit zur Steigerung der Flächenleistung führt zu einem progressiven Anstieg der Zugkraft, die mit Werkzeugbelastung und Verschleiß korreliert. Darin begründen sich die verstärkten Forderungen nach einem erhöhten Verschleißschutz von Bodenbearbeitungswerkzeugen.

Stand der Technik ist hier die Aufarbeitung von Werkzeugen durch Auftragsschweißen. Dazu werden bis zu mehreren Millimeter dicke metallische Matrixschichten mit eingelagerten Hartstoffen, wie z. B. Wolframkarbiden aufgebracht. Diese Dickschichttechnologie führt jedoch zum Verlust der Bauteilmaßhaltigkeit, insbesondere der Schneidengeometrie. Die damit verbundenen negativen Auswirkungen sind die Erhöhung des Zugkraftbedarfes oder ein schlechteres Einzugsverhalten des Gerätes. Das Verfahren wird aus diesen Gründen nur zur Aufarbeitung von Werkzeugen oder in der Baumaschinenbranche eingesetzt.

Dünnschichttechnologien, z.B. Laserhärten oder das Aufnitrieren, die nur Randschichten im Mikrometerbereich vergüten, sind für Bodenbearbeitungswerkzeuge aufgrund des hohen Abnutzungsgrades im Verschleißzyklus nicht geeignet. Dieses Konzept wird aktuell am Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik in Freiburg weiter verfolgt. Im Forschungsprojekt „RemBob“ (Reibungsminimierte Bodenbearbeitungsgeräte für die Landwirtschaft) werden auf Werkzeugflächen diamantähnliche, chemisch inerte Schichten (DLC) aufgebracht, ohne die Werkzeugform zu verändern. Diese sollen die Gleitreibung auf den Werkzeugflächen und den Verschleiß maßgeblich reduzieren. Entsprechend erhöht sich die Werkzeugstandzeit bei sinkendem Zugkraftbedarf [13].

Ein weiterer Ansatz ist das Aufbringen von Hartmetallen an besonders verschleißexponierten Werkzeugabschnitten, wie z. B. Schneidkanten oder Meißelspitzen. Dieses von Berg- und Tiefbauwerkzeugen bekannte Verfahren etablierte sich zunächst bei Meißelscharen (Direktsaat) und wird nun auch für Grubber- oder Pflugschare angeboten. Fertigungstechnische Herausforderung ist hierbei die dauerfeste Lötverbindung zwischen Hartmetall und Trägerstruktur, die auch Stoßbelastungen (Steine) schadfrei aufnehmen kann. Das wird durch Optimierung der Kombination von Härte (Hartmetallauflage) und Zähigkeit der Tragstruktur (Schargrundkörper) erreicht. Diese Voraussetzung muss jedoch für den gesamten Lebenszyklus des Werkzeuges erfüllt bleiben. Dazu muss der Werkzeuggrundkörper für den Hartmetallbesatz konstruktiv angepasst werden. Durch Erhöhung der Bauteildicke wird der Grundkörper steifer und der Verschleißzyklus der Tragstruktur aus Stahl länger. Zum Reduzieren des Ausfallrisikos werden zudem die Hartmetallschneiden in kleinere Segmente unterteilt. Herkömmliche, federnde, frei stehende Strukturen (z. B. Flügelschare) sind für die Hartmetallapplikation problematisch. Lösungen der Firmen Betek (Bild 5) basieren auf einer kompletten Neugestaltung des Grubberschars [15]. Seit mehreren Jahren laufende Felduntersuchungen auf verschiedenen Standorten zeigen mögliche Standzeiterhöhungen auf das sechs- bis achtfache gegenüber herkömmlichen Scharen. Gerätebaureihen von mehreren namhaften Herstellern (z. B. Horsch, Väderstad, Kverneland u. a.) können bereits mit den Scharen ausgerüstet werden. Das Hartmetall – Scharsystem kostet in diesem Fall ca. das Fünffache der Standardlösung. Firmen wie z.B. Kennametal oder Agricarb applizieren die Hartmetallplatten auf Standard Werkzeugformen. Gesicherte Untersuchungsergebnisse zu Standzeiten liegen hier jedoch noch nicht vor.

Der große Vorteil der Standzeiterhöhung kombiniert mit der langfristigen Formstabilität ermöglicht eine gleichbleibend definierte Werkzeugstellung über lange Einsatzzeiten. Das ermöglicht das Einhalten der Arbeitstiefen, Funktionssicherheit (Misch- und Krümelwirkung) und senkt die Nebenzeiten (Werkzeugwechsel).

Bild 5: Belastungsgerechte Konstruktion eines Grubberschares für die Hartmetallapplikation [BETEK, 15]

Figure 5: Stress optimized design of a cultivator share for the carbide metal application [BETEK, 15]

Literatur

[1] -,-: VDMA Landtechnik, 2012

[2] -,-: Weltweit Umsatzwachstum erwartet. Eilbote Nr. 23/2012, S. 6, 2012

[3] Holtmann, W.: Investitionspläne Landwirte. Profi 2/2012

[4] Brückner, C.: Sinnvoll (ver)fahren, hilft sparen, Kostenüberblick zu ausgewählten Verfahren der Bodenbearbeitung. LFULG, 2008

[5] -,-: Internetauftritt des Unternehmens Horsch, 07/2012; www.horsch.com

[6] -,-: Produktbroschüre des Unternehmens Köckerling, 2012

[7] Demmel, M.: Streifenbodenbearbeitung / Strip-Tillage, eine Alternative für die Bestellung und Saat?!. LfL, 2011

[8] Plischke, M.: Strip-Till im Maisanbau, Lohnunternehmen, Spezial; Strip-Till. 07/2011; S. 26 - 31

[9] -,-: Internetauftritt des Unternehmens Vogelsang, 07/2012; www.vogelsang.com

[10] -,-: Internetauftritt des Unternehmens Franquet, 07/2012; www.franquet.com

[11] Pforte, F.; Hensel, O.; Drücker, H.; Hartung, E.: Aufnahme der räumlichen Korrelation von Bodenparametern zur Entwicklung einer Präzisionsbodenbearbeitung. Landtechnik, S.422 ff., 2011

[12] Veronesi, F.; Corstanje, R.; Mayr, T.: Mapping soil compaction in 3D with depth functions. Soil & Tillage Research 124, S.111-118, 2012

[13] Meier, Dr. S.: Internetauftritt des Fraunhofer-Institutes für Werkstoffmechanik (IWM) Freiburg; RemBob, 07/2012, www.iwm.fraunhofer.de

[14] Renfert-Deitermann, D.: Die Härte allein macht es nicht!. Profi 04/2012, S.54 f., 2012

[15] -,-: Internetauftritt des Unternehmens BETEK, 07/2012; www.betek.de

 

Bibliografische Angaben / Bibliographic Information

Empfohlene Zitierweise / Recommended Form of Citation

Herlitzius, Thomas; Grosa, André; Edler von der Planitz, Bruno: Bodenbearbeitungstechnik. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2012. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2012. – S. 1-8

Zitierfähige URL / Citable URL

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00043445

Link zum Beitrag / Link to Article

http://www.jahrbuch-agrartechnik.de/index.php/artikelansicht/items/105.html

Empfohlene Zitierweise:
Herlitzius, Thomas; Grosa, André; Edler von der Planitz, Bruno: Bodenbearbeitungstechnik. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2012. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2012. – S. 1-8

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