Beitrag in Jahrbuch 2022

Pflanzenschutz-, Dünge- und Bewässerungstechnik Mineralische Düngung

Kurzfassung:

Die Neuausweisung der mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebiete in Deutschland, sowie der drastische Kostenanstieg für Dünger sind nur einige Treiber der aktuell hohen Nachfrage nach hochmodernen Düngerstreuern zur präzisen Ausbringung. Vielfach sind die ausgelieferten Maschinen auf dem neuesten Stand der Technik. Die präzise Düngerverteilung bis an die Feldgrenze soll weiter erhöht werden. Applikationskarten zur teilflächenspezifischen Düngung werden mittlerweile vielfach angeboten. Der Datenaustausch soll über herstellerunabhängige Datenaustauschplattform vereinfacht und praxistauglicher werden. Nachdem die streifenförmige Ausbringung von Wirtschaftsdüngern in der Praxis angekommen ist, wird nun eine Lösung für Mineraldünger entwickelt.

Volltext

Einleitung

Der explosionsartige Preisanstieg für Mineraldünger und insbesondere Stickstoffdünger kann neben der Neuausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete als größte Herausforderung und Treiber bei den aktuellen Trends im Bereich der mineralischen Düngertechnik betrachtet werden. Spätestens seit der Einführung der Düngeverordnung sind die Höchstmengen der zu verteilenden Düngergaben auf Flächen- bzw. Betriebsebene strikt reglementiert. Um Erträge und Qualitäten auf dem bestehenden Niveau halten zu können, erfordert es Technologien, welche Mengen präzise ausbringen und verteilen. Die Anforderungen an die Dokumentation sind hoch und erfordern viel Sorgfalt. Der Austausch von Daten ist weiterhin eine große Herausforderung, soll durch Software-Plattformen aber verbessert werden. Durch das Investitionsprogramm Landwirtschaft der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft werden in Deutschland moderne Maschinen für eine besonders umwelt- und klimaschonende Bewirtschaftungsweise noch bis Ende 2024 gefördert [1]. Die Förderung in Höhe von bis zu 40 % stellt einen zusätzlichen Treiber bei den momentan nachgefragten Maschinen dar.

Hemmnisse bei der teilflächenspezifischen Düngung

Den Einsatz digitaler Technologien in Bayern hat die Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft in einer Umfrage im Jahr 2020 untersucht [2]. Hierbei konnte festgestellt werden, dass die teilflächenspezifische N-Düngung lediglich von etwa 4 % der 1.820 Befragten angeschafft und genutzt wird. 16 % gaben an, dass eine Anschaffung der Technologie in den nächsten 5 Jahren geplant ist. Als hemmende Aspekte für digitale Technologien wurden insbesondere die hohe Anfangsinvestition, fragliche Wirtschaftlichkeit und laufende Kosten genannt. Da die Technik zur Umsetzung sensorbasierten Applikationskarten seit Jahren ausgereift und auf vielen Betrieben vorhanden, der Nutzen allerdings überschaubar ist, zeigt sich, dass ein weiteres Hemmnis in der Verfügbarkeit aktueller Satellitenbilder liegen muss. Zwar konnte durch das Copernicus-Programm mit der Installation der Sentinel-Satelliten die Verfügbarkeit wolkenfreier Aufnahmen verbessert werden, jedoch ist diese noch nicht zufriedenstellend. Vielfach werden als Hemmnisse zudem die Komplexität und Interoperabilität der Systeme genannt. Als möglicher Lösungsansatz kann die Datenaustauschplattform agrirouter dienen. Der herstellerunabhängige Datenaustausch soll simplifiziert werden. Am agrirouter beteiligt ist eine Vielzahl von Landtechnikherstellern, da in der Branche vielfach erkannt wurde, dass Daten herstellerübergreifend ausgetauscht werden müssen.

Grenzscharfes Düngen

Technisch bedingt ist die Wurfweite von Schleuderstreuern etwa doppelt so hoch wie die angegebene Arbeitsbreite. In den Randbereichen des Streufächers kommt es zu einer Unterdosierung, welche durch Überlagerung der Streufächer nach der Fahrt in der nächsten, parallelen Fahrgasse ausgeglichen wird. Um die ausgebrachten Mengen auch präzise bis an die Feldgrenze ausbringen zu können, sind Veränderungen an der Streuniere erforderlich. Hierfür eignen sich Geräte, bei denen die Streubreite der Arbeitsbreite entspricht oder die über eine Grenzstreueinrichtung verfügen. Die Technikhersteller bieten hierfür unterschiedliche Systeme an. Die am häufigsten genutzte technische Möglichkeit ist das Einschwenken von Prallblechen zur Veränderung des Wurfwinkels. Weitere Möglichkeiten sind die Verstellung der Drehzahl der grenzzugeneigten Wurfscheibe, die Verstellung des Wurfstroms auf eine kürzere Wurfschaufel oder die Nutzung eines Streuschirms, um entlang der Feldgrenze ins Feldinnere zu werfen. Letztere Technologie hat AMAZONE weiterentwickelt und bietet mit BorderTS (Bild 1) eine Erweiterung zum bekannten AutoTS Streusystem an [3]. Die Technologie ist aktuell für die Modelle ZA-TS und ZG-TS verfügbar.

Gegenüber üblichen Grenzstreuschirmen wird beim BorderTS der zugehörige Grenzstreuschirm mit in die Software des Düngerstreuers eingebunden. Während der Überfahrt wird die zur Feldgrenze gewandte Dosierschieberöffnung geschlossen gehalten. Zur feldinneren Seite soll in Verbindung mit AutoTS eine optimale Verteilung gewährleistet werden. AMAZONE spricht von Mehrerträgen in Höhe von bis zu 27 % im äußeren Feldrandbereich gegenüber herkömmlichen Systemen. Schwerpunkte sieht AMAZONE auf Flächen mit Reihenkulturen und bei ungewöhnlichen Fahrgassensystemen. Da an der Feldgrenze in der Regel keine Fahrgassen angelegt werden, eignet sich das Verfahren insbesondere für die erste Düngergabe. Die überfahrenen Pflanzen sind zum Vegetationsbeginn in einem jungen, generativen Stadium und erholen sich nach kurzer Zeit von der temporären Belastung der Überfahrt. Durch die Integration des Streufächers in die Software, erkennt das System die Arbeitsstellung und passt vollautomatisiert die Menge, sowie den Aufgabepunkt der feldzugeneigten Dosierschieberöffnung an. Die Kombination aus AutoTS und BorderTS soll Ertragsdefizite im Feldrandbereich durch zu geringe Düngermengen vermeiden. Wichtiges Element ist die Einhaltung der Düngeverordnung, die vorschreibt, dass kein Dünger außerhalb von Schlaggrenzen gelangen darf.

Bild 1: Der BorderTS-Schirm wird in den Streufächer eingeschwenkt und verhindert das Dünger über die Feldgrenze hinaus verteilt wird [3]

Figure 1: The BorderTS deflector is swivelled into the spread fan and prevents fertilizer from being spread beyond the field boundary [3]

Automatisierte Schaltvorgänge

Fehlbedienungen während der Ausbringung von Dünger können agronomische und wirtschaftliche Nachteile mit sich ziehen. Aber auch Gesetzesverstöße hervorrufen, wenn Dünger beispielsweise in oberirdische Gewässer gelangt. Die Einhaltungen der optimalen Fahrstrategie und der richtigen Grenzstreuverfahren kann herausfordernd sein, bei der Vielzahl der zeitgleich zu erledigenden Aufgaben. Insbesondere bei ungeübten Fahrern kann es zu Fehlbedienungen kommen. GPS-ScenarioControl (Bild 2) nennt AMAZONE die neu entwickelte Terminal-Software, bei der alle Schaltpunkte sowie die Fahrtroute inklusive der Fahrtrichtung automatisch aufgezeichnet werden [4]. Vorzugsweise erfolgt die Aufzeichnung bei erstmaliger Überfahrt durch einen erfahrenen Mitarbeiter oder Betriebsleiter. Bei den Schaltpunkten liegen die Streumodi Grenz-, Graben- und Randstreuen sowie das einseitige Streuen in das Feldinnere am Vorgewende im Fokus.

Nach der ordnungsgemäßen Erstaufzeichnung kann der Fahrer bei der Folgeapplikation das Szenario aufrufen und entsprechend der Darstellung im Terminal abfahren. Die Software des Düngerstreuers verrichtet automatisch alle gespeicherten Schaltvorgänge, sodass der Fahrer entlastet wird. Die Erstaufzeichnung bildet das Grundgerüst für weitere Anwendungen und sollte daher ordnungsgemäß erfolgen. Jeder Fahrer ist trotz der Automatisierung gefordert, die Maschine und den Streuvorgang zu überwachen, um bei Fehleinstellung handeln zu können. Fahrer sollen entlastet, aber nicht aus der Verantwortung genommen werden. GPS-ScenarioControl wird in Zukunft auch für weitere ISOBUS-Maschinen von AMAZONE anwendbar sein. Bereits nutzbar ist die Routenfunktion für die hauseigene Pflanzenschutztechnik. Die Anwendung ist im ISOBUS-Bedienterminal AmaTron 4 integriert. Über die Displayerweiterung AmaTron Twin erfolgt die Bedienung und Abbildung der Aufzeichnung.

Bild 2: Ansicht eines Feldes mit vollständiger Routenplanung und georeferenziert gespeicherten Schaltpunkten [4]

Figure 2: View of a field with complete route planning and georeferenced stored switching points [4]

Mineralische Tiefendepotdüngung

Bei der Depotdüngung erfolgt die Düngerablage nach minimaler Öffnung des Bodens durch schmale Schare in den entstehenden Schlitz. Dieser wird unmittelbar nach der Düngerablage verschlossen, sodass es zu einem minimalen Kontakt von Luft und Dünger kommt. Durch länger anhaltenden Luftkontakt kommt es zum Verlust von Nährstoffen, insbesondere bei flüssigen Wirtschaftsdüngern durch Ausgasung. Die Tiefendepotdüngung im Strip-Till Verfahren trägt bei flüssigen Wirtschaftsdüngern maßgeblich zur Steigerung der Nährstoffeffizienz sowie dem Gewässer- und Klimaschutz bei. Ihre Verbreitung ist deutschlandweit zunehmend.

Rauch hat mit dem DeePot eine Maschine konstruiert, mit der eine mineralische Tiefendepotdüngung möglich ist [5]. Das Gerät legt ein schlauchförmiges Düngerdepot in einer Tiefe von über 10 cm an. Da die biologische Aktivität im Unterboden geringer ist und Umsetzungsprozesse verzögert ablaufen, soll die Düngerwirkung und Nährstoffausnutzung gesteigert werden. Der Dünger soll eine geringe Kontaktfläche mit dem Boden erreichen, wodurch die Mineralisierung möglichst langsam verläuft und es zu einer Nährstofffreigabe über einen längeren Zeitraum kommt. Rauch hat 2018 in eigenen Praxisversuchen an unterschiedlichen Standorten im Körnermais trotz 20 % reduzierter N-Menge bei der Depotdüngung im Vergleich zur flächig ausgebrachten Düngung leichte Mehrerträge erzielen können. Bei Bestätigung der Ergebnisse durch weitere unabhängige Institutionen über mehrere Jahre, könnten durch die Tiefendepotdüngung für Reihenkulturen nennenswerte Einsparpotenziale erreicht werden. Aktuell führt das Unternehmen weitere Versuche durch und testet das Gerät in den unterschiedlichsten Gegebenheiten. Ein Start für die Serienproduktion ist noch nicht bekannt. Reihenabstände von 150 cm, 100 cm oder 75 cm sind möglich, sodass Dünger in jeder 2. Reihe platziert wird. Die Dosiermenge soll bis zu 400 kg pro Hektar bei 10 km/h betragen.

Bild 3: Bei der Tiefendepotdüngung mit dem Rauch DeePot wird in jeder zweiten Reihe ein Düngerband abgelegt [5]

Figure 3: The Rauch DeePot places a deep fertilizer band in every second row [5]

 

Revolution der Pneumatikstreuer

Nachdem Rauch auf der Agritechnica 2019 einen neuen Anbau-Pneumatikstreuer mit einem neu entwickelten Dosiersystem vorgestellt hat, sind die Modelle des AERO 32.1 mit 27 m, 28 m und 30 m Arbeitsbreite seit Herbst 2022 bestellbar. Weitere Arbeitsbreiten sollen folgen.

Neben Rauch hat auch Horsch angekündigt, einen Pneumatikstreuer entwickelt zu haben [6]. Der erste entwickelte Streuer wäre somit der Einstieg in den Markt für Düngerstreuer des bayrischen Unternehmens. Bisher sind lediglich Stichworte und einzelne Bilder von Prototypen bekannt. So soll das gezogene Gerät über eine Tandemachse verfügen. Das Behältervolumen wird mit 14 Kubikmetern angegeben. Zeitgemäß soll die Ausbringung SectionControl-fähig sein. Als maximale Ausbringmenge sollen 350 kg pro Hektar bei 15 km/h möglich sein. Weitere Informationen über Arbeitsbreiten, Ausstattungen und eine mögliche Markteinführung sind noch unbekannt.

Zusammenfassung

Die auszubringende Düngermenge ist deutschlandweit rückläufig. Faktoren wie die Düngeverordnung, mit Nitrat belastete Gebiete oder die stark angezogenen Preise für Stickstoffdünger führen zwangsweise dazu, dass Landwirte die Nährstoffausnutzung weiter steigern wollen. Mögliche Ansatzpunkte zur Erhöhung der Effizienz wie die teilflächenspezifische Verteilung über Applikationskarten werden zukünftig vermehrt nachgefragt, bisher nutzen nur wenige Landwirte diese Technologie. Verfahren zur Mineraldüngerausbringung über Pneumatikstreuer oder die Tiefendepotdüngung sind in der Entwicklung und verfolgen das Ziel, Dünger präziser zu verteilen und die Ausnutzung zu erhöhen. Um ungeübte Fahrer mit der Vielzahl an zeitgleich durchzuführenden Arbeiten nicht zu überfordern, stehen Softwarelösungen zur Fahrerentlastung zur Verfügung. Randbereiche von Feldern sollen mit weiterentwickelten Grenzstreuverfahren noch präziser gedüngt werden können und auf das Ertragsniveau im Feldinneren angehoben werden.

Literatur

[1]     N.N.: Förderung des BMEL - Investitionsprogramm Landwirtschaft. URL: https://www.rentenbank.de/foerderangebote/bundesprogramme/landwirtschaft/, Zugriff am 12.01.2023.

[2]     Gabriel, A.; Gandorfer, M.: Landwirte-Befragung 2020 Digitale Landwirtschaft Bayern. URL: https://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/ilt/dateien/ilt6_praesentation_by_2390_27082020.pdf, Zugriff am 12.01.2023.

[3]     N.N.: Neues Grenzstreuverfahren BorderTS für Düngerstreuer ZA-TS und ZG-TS. Pressemeldung AMAZONE. URL - https://amazone.de/de-de/agritechnica/neuheiten-details/neues-grenzstreuverfahren-borderts-fuer-duengerstreuer-za-ts-und-zg-ts-1283832, Zugriff am 12.01.2023.

[4]     N.N.: GPS-ScenarioControl. Pressemeldung AMAZONE. URL - https://amazone.de/de-de/agritechnica/neuheiten-details/gps-scenariocontrol-1282762, Zugriff am 12.01.2023.

[5]     N.N.: DeePot 32.1 Tiefendepotdüngung. Pressemeldung Rauch. URL - https://rauch.de/fileadmin/downloads/prospekte/DEEPOT/20220209_WhitPap_DeePot_5800208-a.pdf, Zugriff am 12.01.2023.

[6]     Rath-Kampe, J.: An den Hebeln der Zukunft. Pressemeldung, 06.10.2021. URL - https://www.digitalmagazin.de/marken/agrartechnik/hauptheft/2021-10/unternehmen-maerkte/060_an-den-hebeln-der-zukunft?q=%2Fmarken%2Fagrartechnik%2Fhauptheft%2F2021-10%2Funternehmen-maerkte%2F060_an-den-hebeln-der-zukunft, Zugriff am 12.01.2023

 

Autorendaten

Alexander Czech ist Berater für Schlepper, Bodenbearbeitung, Düngung, Sätechnik, mechanischem Pflanzenschutz, Mechanisierungskonzepte und verkehrsrechtliche Fragen der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Köln.

Empfohlene Zitierweise:
Czech, Alexander: Mineralische Düngung. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2022. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2023. – S. 1-7

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