Beitrag in Jahrbuch 2020

Pflanzenschutz-, Dünge- und Bewässerungstechnik Mineralische Düngung

Kurzfassung:

Das breite Angebot preisgünstiger Applikationskarten, die Reglementierung der Düngermengen durch die Düngeverordnung und das Investitions- und Zukunftsprogramm der Bundesregierung fördern den Einsatz teilflächenspezifischer Düngung in der landwirtschaftlichen Praxis. Die kleinräumige Umsetzung von Dünge-Applikationskarten wird durch Entwicklungen im Bereich der Pneumatikstreuer und des Datenaustausches unterstützt.

Neue Softwarelösungen helfen bei der Ausbringung von Mischdüngern und beim Streuen in kupiertem Gelände.

Nach technischen Lösungen für die streifenweise Ausbringung von Mineraldünger wird nun auch eine punktuelle, mit der Einzelkornablage synchronisierte Düngerablage angeboten.

Volltext

Einleitung

Digitale Technologien halten auch im Bereich der Mineraldüngung schon seit etlichen Jahren Einzug. Sie bieten die Möglichkeit eines intensiven Datenaustausches zur Regelung und auch zur Dokumentation. Die Dynamik wird zurzeit durch einige aktuelle Treiber erheblich erhöht. Neben Entwicklungen im Bereich der Satellitentechnologie, der Steuerungs- und Datenverarbeitungstechnik sowie Förderprogrammen [1] spielt die Düngeverordnung eine erhebliche Rolle. Die Deckelung der Stickstoffdüngung, insbesondere in „roten Gebieten“, zwingt dazu, die Effizienz der Düngung zu optimieren. Verluste durch Denitrifikation und Auswaschung werden stärker ertragswirksam und können nur bedingt durch eine nachträgliche Düngungsmaßnahme ausgeglichen werden. Für eine hohe Düngereffizienz müssen zudem die Nährstoffe möglichst vollständig von den Pflanzen aufgenommen werden. Verlustminimierung, pflanzenverfügbare Platzierung und bedarfsgerechte Dosierung des Düngers sind daher auch Schwerpunkte der technischen Entwicklung bei der Mineraldüngung.

Entwicklungen bei der teilflächenspezifischen Düngung

Voraussetzung für eine bedarfsgerechte Düngung ist die Kenntnis der standortspezifisch notwendigen Düngermenge. Die Technik zur sensorbasierten und kartenbasierten teilflächenspezifischen Düngung ist schon seit Jahren ausgereift. Bisher wurde jedoch insbesondere die kartenbasierte variable Düngung nur selten in der Praxis eingesetzt. Ein wesentlicher Grund war das Fehlen aktueller Satellitenbilder. Dies hat sich mit der Inbetriebnahme der Sentinel-Satelliten des europäischen Copernicus-Programms geändert.

Durch die Kombination aktueller hochaufgelöster Karten in Verbindung mit der preiswerten, weit verbreiteten und jederzeit verfügbaren Smartphone-Technologie wird die teilflächenspezifische Düngung auch für kleine und mittlere Betriebe sehr attraktiv. Es ist daher zu erwarten, dass Düngerstreuer mit ISO-Bus-Technik und vielleicht auch Pneumatikstreuer vermehrt nachgefragt werden. Aktuell wird diese Entwicklung durch die Förderung im Rahmen des Investitions- und Zukunftsprogramms für die Landwirtschaft forciert. Die Zuwendung wird als direkter Zuschuss in Verbindung mit einem zinsgünstigen Programmkredit bei der Rentenbank gewährt. Die Förderhöhe beträgt bis zu 40 % der förderfähigen Investitionssumme für landwirtschaftliche Betriebe, 10 % für mittlere und 20 % für Kleinst- und kleine landwirtschaftliche Lohn- und Dienstleistungsunternehmen sowie gewerbliche Maschinenringe.

Sicherlich auch im Hinblick auf diese Entwicklungen hat die Firma Rauch auf der Agritechnica 2019 sowohl ein neues Dosiersystem als auch einen neuen Anbau-Pneumatikstreuer vorgestellt (Bild 1). Eine begrenzte Produktion dieses Düngerstreuers ist ab Herbst 2021 mit Arbeitsbreiten von 27 und 30 m vorgesehen. Die volle Serienproduktion soll ab Oktober 2022 starten, dann auch mit den Arbeitsbreiten 18 m, 21 m und 24 m [2]. Der Anbau-Pneumatikstreuer wird über das zur Agritechnica 2019 vorgestellte Dosiersystem „MultiRate“ verfügen.

 

Bild 1: Der Anbau-Pneumatikstreuer „Aero 32.1“ der Firma Rauch soll ab Herbst 2021 in den Markt eingeführt werden (Werkbild Rauch)

Figure 1: The “Aero 32.1“ mounted pneumatic spreader from Rauch is to be launched on the market from the fall of 2021 (factory photo Rauch)

 

Dieses Dosiersystem für Pneumatikstreuer kann auch kleinräumige Variationen der Ausbringmenge exakt umsetzen. Hierbei werden die Dosierorgane jeder einzelnen Düngerauslassöffnung unabhängig voneinander und stufenlos regelbar elektrisch angetrieben. Der elektrische Antrieb mit einer Spannung von 48 V ermöglicht sehr kurze Verstellzeiten und somit eine schnelle Variation der Düngermenge in Fahrtrichtung. Quer zur Fahrtrichtung kann die Düngergabe theoretisch in 1,2 m breiten Streifen variiert werden, was zu einer erheblich höheren räumlichen Auflösung im Vergleich zu bisherigen Möglichkeiten führt. Bei der Düngung nach einer Applikationskarte werden die Vorgabewerte genauer umgesetzt, beim Streuen von Keilen und in Kurven werden Über- und Unterdosierungen deutlich verringert. Das Grenzstreuen kann durch eine Mengenanpassung an der äußeren Düngerauslassöffnung in Verbindung mit einem Grenzstreuleitblech ebenfalls optimiert werden. Aktuell wird dieses Dosiersystem als MultiRate 6 mit 6 Teilbreiten im gezogenen Düngerstreuertyp Aero GT angeboten [3]. Im Anbau-Pneumatikstreuer Aero 32.1 werden mit diesem Dosiersystem 4 Teilbreiten geschaltet werden.

Entwicklungen bei der Einstellung und beim Einsatz des Düngerstreuers

Eine hohe Düngereffizienz kann nur dann erreicht werden, wenn der Düngerstreuer richtig eingestellt wird. Hilfsmittel, die den Fahrer bei der richtigen Einstellung und Bedienung unterstützen, sind daher die effizientesten Maßnahmen. In den letzten Jahren hat es auch in diesem Bereich deutliche Fortschritte gegeben. Angefangen mit den umfangreichen Datenbanken zur richtigen Streuereinstellung, die heute per App mit jedem Smartphone auch während der Arbeit abgerufen werden können, über automatisierte GPS-gestützte Teilbreiten- und Vorgewendeschaltung bis hin zu Radarsensoren, die das Streubild während der Fahrt kontinuierlich erfassen, hilft moderne Technologie dem Fahrer, den Streuereinsatz zu optimieren. Die Fortschritte bei der Steuerungs- und Regelungstechnik in Verbindung mit leistungsfähigen Datennetzen ermöglichen heute auch, den Einfluss der Hangneigung bei der Ausbringung mit Wurfstreuern zu berücksichtigen. Beim Düngerstreuen am Hang ergeben sich die Probleme, dass der Aufgabepunkt und die Wurfweite des Düngerkorns verändert werden. Dadurch wird das Streubild nicht nur hangabwärts verlagert, sondern auch verzerrt. Eine geringe Fallhöhe zwischen Dosierung und Wurfscheibe, eine Zwangsführung des Düngers auf die Wurfscheibe oder ein radargestütztes Messsystem zur Erfassung des Streubildes an den Wurfscheiben hilft, die Änderung des Aufgabepunktes zu verringern bzw. zu korrigieren [4]. Bisher kann aber kein System die veränderte Wurfweite am Hang ausgleichen. Dies ermöglicht das Regelsystem „HillControl“ der Firma Rauch, deren Software in Verbindung mit einem Neigungs- und Gierratensensor bei Scheibenstreuern durch Veränderung von Aufgabepunkt, Scheibendrehzahl und Dosiermenge die Verteilgenauigkeit beim Düngerstreuen in hügeligem Gelände verbessert [5]. Darüber hinaus werden Über- und Unterdosierungen beim Überfahren von Kuppen und beim Durchfahren von Senken verringert.

Mit der App „EasyMix“ widmet sich die Firma Amazone dem Problem der Ausbringung von Mischdüngern [6]. Mit dem Ziel, preisgünstige Einzeldünger einzusetzen und gleichzeitig mehrere Nährstoffe im gewünschten Verhältnis auszubringen, werden in erheblichem Umfang Mischdünger dezentral gemischt. Bisher wird der Landwirt bei der Frage nach der richtigen Düngerstreuereinstellung weitgehend allein gelassen. Abgesehen von einigen standardmäßig hergestellten Mischdüngern mit definiertem Nährstoffverhältnis und definierten Ausgangskomponenten, gibt es für die überwiegend dezentral hergestellten bedarfsorientierten Düngermischungen bisher keine Hilfsmittel, wie z. B. Streutabellen, die es ermöglichen, den Düngerstreuer entsprechend den Eigenschaften der Düngermischung optimal einzustellen. Mit der App „EasyMix“ von Amazone kann bei Zweischeibenstreuern bereits vor der Mischung nach Eingabe der Düngerstreuereigenschaften, der Arbeitsbreite und der geplanten Mischkomponenten die Querverteilung der einzelnen Komponenten abgeschätzt und die optimale Düngerstreuereinstellung für die Mischung ermittelt werden (Bild 2). Bei der Ermittlung der zu erwartenden Streuqualität werden Wechselwirkungen der Einzelkomponenten auf der Streuscheibe und das unterschiedliche Flugverhalten berücksichtigt. Die Gefahr, dass eine ungleichmäßige Nährstoffverteilung durch ungeeignete Mischungskomponenten, zu große Arbeitsbreite oder falsche Düngerstreuereinstellung entsteht, wird durch diese App deutlich verringert.

 

Bild 2: Mit der Amazone-App „EasyMix“ kann bereits vor dem Mischen von Einzeldüngern die Streufähigkeit des Mischdüngers beurteilt werden und sie hilft, beim Streuen von Mischdünger den Düngerstreuer richtig einzustellen (Werkbild Amazone)

Figure 2: With the Amazone app “EasyMix“ the spreading ability of the mixed fertilizer can already be assessed before mixing single fertilizers and it helps to set the fertilizer spreader correctly when spreading mixed fertilizer (factory picture Amazone)

Entwicklungen bei der Düngerplatzierung

Ein weiterer Schwerpunkt in den letzten Jahren sind Entwicklungen im Bereich der Düngerplatzierung.

Mit dem Strip-Till-Verfahren zu Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln und bedingt zu Getreide und Raps wird ein großer Düngeranteil nahe an die Pflanzenwurzel gebracht, um Verluste von Dünger, der nicht von den Wurzeln erreicht wird, zu minimieren. Die bisherigen Untersuchungen der Streifenbodenbearbeitung mit Applikation des Düngers unterhalb der Saatreihe haben gezeigt, dass dadurch höhere Stickstoff-Ausnutzungsraten erreicht werden können. Eine starke Düngerkonzentration in Verbindung mit Nitrifikationshemmern verringert die Gefahr von Auswaschung vor allem bei Starkniederschlägen.

Untersuchungen im Rahmen des Forschungsprojekts „PuDaMa“ der Fachhochschule Köln in Zusammenarbeit mit der Firma Kverneland haben gezeigt, dass durch eine Konzentration der Düngerplatzierung auch innerhalb einer Reihe Dünger eingespart werden kann [7]. Wird der Unterfußdünger bei der Maissaat in kleinen Portionen gezielt nur in der Nähe der Körner abgelegt, können bei gleichem Ertrag 25 % des Düngers eingespart werden, bei gleicher Düngermenge wurde in den dreijährigen Versuchen ein Mehrertrag von 6 bis 7 % gemessen. Auf der Agritechnica 2019 stellte Amazone für eine derartige punktgenaue Unterfußdüngung das Portionierungssystem „FertiSpot“ in ihrer neuen Einzelkornsämaschine „Precea“ vor [8]. Hierbei wird der pneumatisch geförderte kontinuierliche Düngerstrom vom Dosierorgan vor dem Unterfußdüngungsschar durch einen synchron zur Kornablage rotierenden Mitnehmer in Einzelportionen aufgeteilt (Bild 3).

Bild 3: Übersicht (links) und Detailaufnahme (rechts) des Düngerportionierers „FertiSpot“ (Werkbilder Amazone)

Figure 3: Overview (left) and detailed picture (right) of the fertilizer portioner “FertiSpot“ (factory pictures Amazone)

Zusammenfassung

Die teilflächenspezifische Düngung wird durch den Zwang zur Erhöhung der Düngereffizienz, durch erheblich genauere, aktuellere und preisgünstige Satellitenbilder sowie durch monetäre Anreize in Form staatlicher Investitionsförderung auch für kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe interessant. Diese Rahmenbedingungen unterstützen die Entwicklung einer neuen, für die teilflächenspezifische Düngung optimierten Dosiereinrichtung für Pneumatikstreuer, die Erweiterung der Produktpalette um Anbau-Pneumatikstreuer und auch die Entwicklung einer Zusatzeinrichtung zur punktuellen, mit der Kornablage synchronisierten Düngerablage bei der Unterfußdüngung zu Mais.

Neue Softwareentwicklungen ermöglichen eine weitere Optimierung der Düngerverteilung bei der Ausbringung von Mischdüngern und beim Streuen in hügeligem Gelände.

Literatur

[1]     N.N.: Richtlinie zur Investitionsförderung im Rahmen des Investitions- und Zukunftsprogramms für die Landwirtschaft. Bundesanzeiger BAnz AT 10.12.2020 B4, S. 1-7.

[2]     Rauch: Next level in der Exaktdüngung mit dem AERO 32.1 erreicht. URL – https://rauch.de/unternehmen/aktuelles/next-level-in-der-exaktduengung-mit-dem-aero-321-erreicht.html, Zugriff am 12.02.2021.

[3]     Ernst, K.: 40% Förderung der landwirtschaftlichen Rentenbank auf RAUCH-Düngerstreuer. Pressemeldung RAUCH, Dezember 2020. URL – https://rauch.de/fileadmin/downloads/pressemitteilungen/20201217_FoerderungBund40_DE.pdf, Zugriff am 12.02.2021.

[4]     Lossie, U. und Tastowe, F.: Radar regelt Streuer unmittelbar. top agrar (2020) H. 3, S. 114-117.

[5]     Hille, J.: HillControl: Mehr Präzision beim Düngerstreuen in Hanglagen, auf Kuppen und in Senken! Pressemeldung RAUCH, September 2019. URL –  https://rauch.de/fileadmin/downloads/pressemitteilungen/20190723-pm-hillcontrol-de.pdf, Zugriff am 12.02.2021.

[6]     Amazone: EasyMix – Neue App zur einfachen Einstellung und Bewertung von Mischdüngern. Pressemeldung Amazone, 2019. URL – https://amazone.de/de-de/service-support/fuer-medien/pressemeldungen/presse-archiv-2019/easymix-70930, Zugriff am 12.02.2021.

[7]     TH Köln: Weniger Dünger bei gleichem Ertrag. Pressemitteilung TH Köln, 31.10.2019. URL – https://www.th-koeln.de/hochschule/weniger-duenger-bei-gleichem-ertrag_69848.php, Zugriff am 12.02.2021.

[8]     Amazone: FertiSpot für die Einzelkorn-Sämaschine Precea. Pressemeldung Amazone, 2019. URL – https://amazone.de/de-de/service-support/fuer-medien/pressemeldungen/presse-archiv-2019/fertispot-fuer-die-einzelkorn-saemaschine-precea-70856, Zugriff am 12.02.2021.

Autorendaten

Dr. agr. Norbert Uppenkamp ist Berater für Schlepper, Bodenbearbeitung, Düngung, Ernte, Mechanisierungskonzepte, Getreidelagerung und -konservierung und verkehrsrechtliche Fragen der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Münster.

Empfohlene Zitierweise:
Uppenkamp, Norbert: Mineralische Düngung. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2020. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2021. – S. 1-7

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