Beitrag in Jahrbuch 2020

Technik in der Tierhaltung Ammoniak im Bestandscontrolling der Geflügelhaltung

Kurzfassung:

In der Diskussion um umwelt- und tiergerechte Haltungsverfahren steht insbesondere die Nutzgeflügelhaltung im Fokus. Mit der zunehmenden Entwicklung von sensorgestützten Technologien sind mit dem DOL 53 sowie dem Extox-Stable zwei elektrochemische Ammoniaksensoren auf den Markt gekommen, welche eine kontinuierliche Messung der NH3-Konzentration in der Stallluft ermöglichen. Dadurch kann nicht nur frühzeitig im Management zur Sicherstellung tiergerechter Haltungssysteme agiert werden, sollten die Sensoren Schwellenwerte aufzeigen, sondern auch durch eine kontinuierliche Anwendung NH3-reduzierender Maßnahmen die Ammoniakemissionen in der Nutzgeflügelhaltung vermindert werden. Voraussetzung ist jedoch die richtige Anwendung und regelmäßige Überprüfung der Sensoren mittels Prüfstandard.

Volltext

Tierschutz in der Nutzgeflügelhaltung

Der Tierschutz in der Nutzgeflügelhaltung ist auf nationaler Ebene durch das Tierschutzgesetz (in der Fassung vom 18.05.2006) geregelt [1]. Spezielle Haltungsvorgaben werden durch die Tierschutznutztierhaltungsverordnung vorgegeben und greifen neben dem allgemeinen Teil für alle Nutztierarten auch im Speziellen die Geflügelspezies Legehennen (Abschnitt 3) und Masthühner (Abschnitt 4) auf [2]. Vorgaben finden sich u. a. zur Qualität der Einstreu sowie zum Stallklima, bspw. die maximal zulässigen Schadgaskonzentrationen für Kohlendioxid (CO2), Ammoniak (NH3) und Schwefelwasserstoff (H2S) während der Haltungsperiode. Die Gesetzgebungen stellen einen Haltungsrahmen dar, wobei das Tierschutzgesetz explizit den Schutz des Wohlbefindens jedes Tieres fordert (§1 TierSchG). Dieses soll durch die Evaluierung der Tiergerechtheit einer Haltungsumwelt bewertet und sichergestellt werden. Neben dem Tierschutz wird die Umsetzung von sogenannten Tierwohl-Standards im Bestandsmanagement gefordert und bewertet. Tierwohl umfasst hierbei die Kriterien Tiergesundheit, das Wohlergehen und das Ausleben natürlicher Verhaltensweisen aus der Sicht des Tieres [3]. Das Stallklima stellt hierbei einen wesentlichen Bereich der Tier-Umwelt-Interaktion dar. Dieses objektiv und kontinuierlich zu erfassen und bewerten zu können, um Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen und zu beheben, setzt eine automatisierte und objektive Erfassung mit valider Messmethode voraus. Um Daten im Bestandsmanagement mit Folgen für die Tierhaltung, Lebensmittelsicherheit sowie Umweltwirkungen zu verknüpfen und Prozesse im laufenden Geschehen zu optimieren, kommt es neben der Nutzung bewährter Sensortechnik zunehmend auch zum Einsatz automatisierter und digitalgestützter Systeme.

Die Forderungen nach einer effizienten Nutztierhaltung, die neben der tiergerechten Haltung auch die Sicherstellung von Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie die Nachhaltigkeit im Sinne der Umweltwirkung landwirtschaftlicher Tierhaltung umfasst, greift die Nutztierstrategie des Bundes auf.

Umfangreich wird in diesem Zusammenhang das Schadgas Ammoniak diskutiert und neben Grenzwerten in der Haltung auch mit zeitlichen Vorgaben zur Reduktion von NH3-Emissionen belegt. Als Schadgas in der Nutzgeflügelhaltung hat NH3 Einfluss auf die Tiergesundheit und auf die Emissionen in der Tierhaltung. U. a. durch die Verbindung von Ammoniak mit sauren Salzen in der Außenluft führt es zu Ablagerungen im Boden und zu einem erhöhten Risiko der Nitratanreicherung in Böden und Gewässern. Aufgrund seines Umwandlungspotenzials zu Lachgas (N2O) kann Ammoniak auch als indirektes Treibhausgas tituliert werden. Um die NH3-Emissionen zu reduzieren, wurde 2016 auf EU-Ebene die sogenannte NERC-Richtlinie erlassen, die eine Reduktion von NH3-Emissionen um 29 % bis 2030 gegenüber dem Referenzjahr 2005 fordert. National wird dieses über die sogenannte BImSchV geregelt, wobei 95 % der NH3-Emissionen der Landwirtschaft und davon 9 % dem Geflügelbereich (bspw. Tierhaltung und Lagerung von Hühnertrockenkot) zugeschrieben werden [4]. Eine Reihe von Entwicklungen wie u. a. der Einbau von Abluftreinigungen an Nutztierställen reduziert das Risiko des Ammoniakaustrags aus dem Stall und somit die NH3-Emissionen. Neben der Emissionsminderung von Ammoniak verfolgen andere Ansätze die Minderung der Ammoniakbildung im Stall durch Reduktion von Risikofaktoren zur NH3-Bildung. Als sogenannte Indoormaßnahmen werden bspw. die Verwendung von pH-Wert reduzierenden Einstreuzusätzen [5] oder die Reduktion von Wassereinträgen in die Einstreu über zusätzliche Sensoren in der Tränketechnik [6] erprobt und eingesetzt.

Mit der Forderung nach dem Einsatz organischen Materials zur Unterstützung des Auslebens arteigener Verhaltensweisen stellt insbesondere für das Nutzgeflügel die Verfügbarkeit von trockenem, sauberem und lockerem Einstreumaterial eine wesentliche Komponente zum Picken, Scharren, Staubbaden oder auch der Gefiederpflege und somit auch einer tiergerechten Haltungsumwelt dar. Die genannten Anforderungen an die Einstreuqualität werden sowohl für die Puten als auch Masthühner über die gesamte Haltungsperiode gefordert [2; 7]. Eine feuchte Einstreu (< 65 % TS-Gehalt des Kot-Einstreugemisches) lässt sich von den Tieren schlechter bearbeiten, es besteht ein erhöhtes Risiko einer Plattenbildung, sogenannter caked litter, und der mikrobiellen Umsetzungsprozesse von u. a. Stickstoff in den Ausscheidungsprodukten zu Ammoniak. Für die Gesundheit des Nutzgeflügels stellt Ammoniak, insbesondere durch die leichte Wasserlöslichkeit, ein erhöhtes Risiko für Atemwegserkrankungen und Entzündungen durch bspw. Hautreizungen dar. Der Grad der Toxizität ist dabei abhängig von der Ammoniakkonzentration und der Dauer der Exposition [8]. Die Konzentration von Ammoniak unterliegt hierbei verschiedenen Einflussgrößen aus der Haltungsumwelt des Geflügels [9]. Hierzu zählen u. a. Lufttemperatur und Luftfeuchte, Luftgeschwindigkeit, das Einstreumaterial und die -temperatur sowie der Trockenmassegehalt und der pH-Wert der Einstreu [10 bis 12]. Die bakterielle Umsetzung wird durch einen pH-Wert der Einstreu zwischen 7 bis 9 stark gefördert (neutrophile bis alkaliphile Bedingungen) und ein Trockensubstanzgehalt der Einstreu > 65 % wirkt sich positiv auf geringe Ammoniakwerte aus. So haben Miles et al. [10] den Einfluss der Einstreutemperatur und des Wassergehalts der Einstreu auf die NH3-Freisetzung untersucht und herausgestellt, dass bei einer Einstreutemperatur von 23,9 °C und einem Trockensubstanzgehalt der Einstreu zwischen 58-60 % ein NH3-Gehalt in der Stallluft < 20 ppm (13,3-16,6 ppm) erzielt werden kann.

In der Tierschutznutztierhaltungsverordnung [2] werden folgende Grenzwerte bezüglich der Ammoniakgehalte formuliert: In der Masthühnerhaltung sind 20 ppm auf Kopfhöhe der Tiere nicht zu überschreiten, in der Legehennenhaltung gelten 10 ppm als Grenzwert im Aufenthaltsbereich der Tiere und 20 ppm dürfen nicht dauerhaft überschritten werden. In der Putenhaltung sind nach den bundeseinheitlichen Eckwerten < 10 ppm anzustreben und 20 ppm dürfen nicht dauerhaft überschritten werden [7]. Um eine Einhaltung der Vorgaben zu erreichen, müssen praktikable und valide Messmethoden für den Tierhalter zur Verfügung stehen. Neben der Sicherstellung einer tiergerechten Haltungsumwelt wird auch der Nachweis, d. h. die Dokumentation immer bedeutender und erfordert entsprechende Messtechniken.

Messverfahren und Sensoren zur on-farm Erfassung von Ammoniak

Zur Erfassung von Ammoniak-Konzentrationen steht eine Vielzahl von Messprinzipien zur Verfügung. Messgeräte, die im landwirtschaftlichen Bereich ihren Einsatz finden, basieren in der Regel auf einem chemischen Messverfahren. Spezifisch zu nennen sind hier Gasprüfröhrchen, welche umgangssprachlich auch als „Dräger-Röhrchen“ bezeichnet werden (Bild 1). Mittels einer Handpumpe wird Prüfgas durch einen mit Reagenz befüllten Glaszylinder geleitet. Im Inneren des Zylinders findet eine chemische Reaktion mit dem Prüfgas statt, welche, je nach NH3-Konzentration, zu einem optischen Farbumschlag führt. Gasprüfröhrchen markieren den Einstieg in die Konzentrationsmessung. Gasprüfröhrchen sind im Vergleich zu anderen Messmethoden anfällig für Bedien- und Ablesefehler und weisen eine eingeschränkte Empfindlichkeit auf. Aufgrund der manuellen Bedienung eignen sich Gasprüfröhrchen weiterhin nicht für ein kontinuierliches Monitoring der Stallluft, sondern nur eine Kurzzeiterfassung.

Bild 1: NH3-Gasprüfröhrchen (hier: Kitagawa AP-20)

Figure 1: Ammonia tubes (e.g. Kitagawa AP-20)

 

Neben rein chemischen Sensoren finden auch elektrochemische Sensoren Verwendung im Bereich der Tierhaltung. In diesen befindet sich ebenfalls ein Reagenz, welches jedoch anstelle eines Farbumschlags einen Stromfluss zwischen zwei Elektroden (Messelektrode und Gegenelektrode) des Sensors bewirkt. Die Stärke des Stroms wird vermessen und anschließend in eine Konzentration umgerechnet [13]. Der Vorteil dieses Systems ist die Automatisierung des Messablaufs, welche es ermöglicht, Konzentrationsverläufe zu erfassen und die Umgebungsluft kontinuierlich zu überwachen. Bedienfehler sind bei stationären elektrochemischen Sensoren, sobald sie einmalig fachmännisch installiert wurden, nicht zu erwarten. Durch lange Expositionszeit gegenüber dem Prüfgas und / oder hohen Ammoniak-Konzentrationen nimmt die Empfindlichkeit elektrochemischer Sensoren aufgrund der Sättigung des Reagenzes jedoch ab. Dies ist in Stallumgebungen problematisch, da hier über lange Zeiträume geringe bis mittlere Konzentrationen auftreten. Kommt es zu einer Sättigung des Sensorelementes durch Ammoniak, so wird die reale Konzentration der Umgebung unterschätzt [9].

Als Reaktion auf den Bedarf für langzeitstabile Ammoniaksensorik entwickelten die Firmen DOL Sensors A/S aus Aarhus, Dänemark, und Drägerwerk AG & Co. KGaA aus Lübeck, Deutschland, den Sensor „DOL 53“ (bzw. „Polytron C300“) (Bild 2). Der Sensor weist laut den Herstellern eine Genauigkeit von 1,5 ppm oder ± 10 % des Messwertes auf. Die Nutzungsdauer soll bis zu 3 Jahre betragen, wobei mit einer jährlichen Drift von < ± 10 % vom Messwert zu rechnen sei. Der Messbereich liegt zwischen 0 und 100 ppm. Der Sensor ist IP65 zertifiziert und somit für Stallumgebungen geeignet [14]. Der Sensor misst kontinuierlich die NH3-Konzentration in seiner direkten Umgebung.

Bild 2: An einen Datenlogger können bis zu 6 NH3-Sensoren des DOL 53 angeschlossen werden

Figure 2: Up to six ammonia sensors can be plugged in a DOL 53 data logger

 

Auch die Firma ExTox Gasmess-Systeme aus Unna, Deutschland, ist im Markt für landwirtschaftliche Ammoniak-Sensorik aktiv. Das System „NH3-Stable“ weist einen Messbereich von 0 bis 200 ppm auf (Bild 3). Laut Herstellerangabe liegt die Haltbarkeit des Messinstruments bei über einem Jahr. Das Gerät führt alle 1 bis 12 Stunden eine Messung der Ammoniak-Konzentration durch [15]. Die zu prüfende, ggf. mit NH3 angereicherte Stallluft wird mittels Schlauchleitungen zum Messgerät befördert. Während des Messvorgangs sind sowohl das Magnetventil am Eingang als auch am Ausgang verschlossen. Nachdem die Stärke des elektronischen Signals erfasst wurde, öffnet sich das Magnetventil am Ausgang und die gefilterte Luft strömt aus. Durch eine Weiche ist es möglich, mehrere Messstellen mit einem Sensor zu betreiben. So können je Gerät zwei Sensoren angeschlossen werden, wobei ein Sensor über drei Messstellen verfügt. Zusätzlich zur Messung von NH3 werden die Lufttemperatur sowie die Luftfeuchte kontinuierlich miterfasst. Zusätzlich ist in diesem Sensor ein sogenannter „Spülvorgang“ installiert: Die ungefilterte Stallluft durchläuft einen Absorberfilter und spült anschließend als saubere Luft den enthaltenen Sensor. Dadurch soll die Langlebigkeit des Sensors erhöht werden. Die Langzeitstabilität des „NH3-Stable“ wurde von der Deutschen Landwirtschafts Gesellschaft (DLG) ausgewiesen [16].

Bild 3: NH3-Stable der Fa. ExTox Gasmesssysteme, Unna

Figure 3: NH3-Stable; Extox Gas Systems, Unna

 

In einer Versuchsreihe wurden beide technischen Gräte an der Hochschule Osnabrück im Rahmen unterschiedlicher Messreihen auf ihre Vergleichbarkeit hinsichtlich der ermittelten und ausgegebenen Ammoniak-Werte untersucht.

Der Hochschule Osnabrück standen sowohl „DOL 53“-Sensoren als auch ein „NH3-Stable“-System zur Verfügung. Nach einer 24-stündigen Inbetriebnahme der Sensoren wurden vier DOL 53-Sensoren über einen Zeitraum von 7:30 min jeweils mit einem 50 ppm NH3 (in N2) Kalibriergas validiert. Aus der Expositionsmessung wurde aus den letzten 5 stabilen Messwerten eines jeden Sensors ein arithmetisches Mittel zwischen 53,5 und 55,7 ppm ermittelt (SD 2,47-4,03). Die Standardabweichung zwischen den Sensoren betrug 1,7 ppm.  Die Ergebnisse sind durchaus vergleichbar mit den Untersuchungen von Fairchild et al. [9], wonach die DOL 53-Sensoren zwischen 53 und 55 ppm nach der Exposition mit einem 50 ppm Kalibriergas aufwiesen, nachdem sie bereits einer Nutzungsphase von 18 Monaten im Masthühnerstall unterlagen.  

Nach der Validierung der DOL 53-Sensoren erfolgte die Einrichtung des „NH3-Stable“ durch den Hersteller. Die Sensortechnik wurde im Versuchsstall der Hochschule Osnabrück, zusammen mit einem DOL 53-Sensor, platziert. Beide Sensoren wurden mit einem 50 ppm NH3 (in N2) Kalibriergas eingestellt. Im Intervall von 30 Sekunden wurde bei beiden Sensoren ein NH3-Wert ermittelt. Die Messungen erfolgten im Rahmen eines Masthühnerdurchgangs mit der Genetik Ross 308. Der in Bild 4 gezeigte Kurvenverlauf beider Sensoren bildet den Zeitraum zwischen dem 27. und 45. Lebenstag der Haltungsperiode sowie nach der Ausstallung der Tiere fünf weitere Tage mit verbliebener Einstreu im Stall ab. Beide Sensoren erfassten ohne Unterbrechung den Ammoniakgehalt der Stallluft.

Bild 4: NH3-Verlauf beider Sensoren (NH3-Stable und DOL 53) während der Mastperiode plus 5 Tage im Masthühnerstall (Ergebnisse in ppm; orange=DOL 53, blau=NH3-Stable)

Figure 4: Comparison of NH3 data obtained from NH3-Stable and DOL 53 in a populated (day 27-45) and an unpopulated (day 45-5; litter remained) broiler barn (results in ppm; orange line=DOL 53; blue=NH3-Stable)

 

Parallel wurden mittels Datenlogger die Stalltemperatur und Luftfeuchte aufgezeichnet. Da beide NH3-Sensoren nebeneinander aufgehängt wurden, wurde von einer vergleichbaren Umgebung ausgegangen. Unter Verwendung von 4885 Datenpaaren und einem Messbereich von 0 bis 63 ppm wurde für den Parameter Ammoniak ein Korrelationskoeffizient (Pearson) von r = 0,97 sowie ein r2 von 0,95 (p = 0,000) ermittelt. Beide Sensoren zeigen den Anstieg nach Ausstallung der Tiere von 10 ppm am 45. Lebenstag bis hin zu 63 ppm als maximaler Wert des DOL 53 und 56,3 ppm Extox NH3-Stable zwischen dem 2. und 3. Tag nach Ausstallung. Ebenso wird der kurzzeitige Lüftungseffekt am 3. Tag nach Ausstallung der Tiere in beiden Kurvenverläufen mit einem Absinken und anschließendem Anstieg von 15 ppm auf einen Bereich zwischen 40 und 50 ppm ersichtlich.

Eine Langzeitbetrachtung für beide Sensoren kann derzeit im Vergleich noch nicht gegeben werden. In weiteren Untersuchungen ist es erforderlich, dass beide Sensoren mittels eines 25 ppm NH3-Reingases kalibriert werden. Fairchild et al. [9] haben im unteren Messbereich höhere Abweichungen vom Standard ermittelt (bei Exposition mit 8 ppm Kalibriergas wurde vom Hersteller eine Abweichung von ± 5 % angegeben, ermittelt wurden für vier DOL 53-Sensoren Werte zwischen 8,4-9,2 ppm). Eine fehlende Kalibrierung in diesem Bereich könnte auch die Abweichungen in Bild 4 zwischen dem 27. und 34. Lebenstag erklären, hierfür liegen keine Ergebnisse zur Exposition mit einem Kalibriergas vor. Dieser Wertebereich steht insofern im Fokus, weil die TierSchNutztV NH3-Werte im Bereich unterhalb von 20 ppm über die Haltungsperiode von Nutzgeflügel fordert.

Je nach Höhe der Ammoniakwerte im Stall sollte der Sensor mehrmals jährlich mit einem Prüfgas kalibriert werden, da mit zunehmender Reaktionszeit eine Sättigung des Reagenzes eintritt. Insbesondere wenn die Sensoren an den Klimasteuerungscomputer angeschlossen werden und für die Einstellung der Lüftung mit herangezogen werden, müssen Sensoren eine höchstmögliche Genauigkeit aufweisen. Um den Forderungen der Tierschutznutztierhaltungsverordnung nachzukommen und einen Grenzwert auf Tierhöhe (bspw. 20 ppm in der Masthühnerhaltung) nicht zu überschreiten, muss zusätzlich die Höhe der Sensoren im Stall berücksichtigt werden, da die bereits genannten Einflussfaktoren wie Temperatur und Luftfeuchte sowie Luftbewegung in Abhängigkeit zur Einstreunähe (Höhe über Boden) variieren und somit auch die zu messende Luft im Sensor hinsichtlich des NH3-Gehaltes verändern.

Zusammenfassung

Für die Geflügelhaltung werden weiterhin die Anforderungen hinsichtlich der Erfüllung tiergerechter Haltungssysteme nicht nur im Fokus stehen, sondern auch zunehmend deren Umsetzung überprüft. Durch die Möglichkeit der kontinuierlichen Erfassung von Ammoniak im Stall auf Höhe bzw. im Aufenthaltsbereich der Tiere wird dem Tierhalter ein Tool im Bestandsmanagement angeboten, das ein frühzeitiges Handeln in Bezug auf Ammoniak-fördernde bzw. ‑reduzierende Parameter ermöglicht. Dies setzt jedoch eine richtige Platzierung und regelmäßige Überprüfung der im Stall verwendeten Sensoren voraus, um eine sichere Datengrundlage zu erhalten. In Kombination und Vernetzung mit weiteren Stallklima- und Bestandsparametern wird eine Früherkennung von Auffälligkeiten im Haltungssystem ersichtlich und frühzeitig steuerbar, welches eine Voraussetzung für die Umsetzung einer tierwohl- und umweltorientierten Nutzgeflügelhaltung ist.

Literatur

[1]     N.N.: Tierschutzgesetz vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), zuletzt geändert durch Artikel 280 der Verordnung vom 19. Juni 2020. BGBl. I S. 1328 – TierSchG.

[2]     N.N.: Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung - TierSchNutztV) vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043), zuletzt geändert durch Artikel 1a der Verordnung vom 29. Januar 2021. BGBl. I S. 146. – TierSchNutztV. 2021.

[3]     Fraser, D.: The role of the veterinarian in animal welfare. Animal welfare: too much or too little? Abstracts of the 21st Symposium of the Nordic Committee for Veterinary Scientific Cooperation (NKVet). Vaerløse, Denmark. September 24-25, 2007. Acta veterinaria Scandinavica 50 Suppl 1 (2008), S. 1-12.

[4]     Haenel, H.-D. et al.: Berechnung von gas- und partikelförmigen Emissionen aus der deutschen Landwirtschaft 1990 – 2018. – Report zu Methoden und Daten (RMD) Berichterstattung 2020. Thünen Report 2020.

[5]     Li, H. et al.: Assessment of frequent litter amendment application on ammonia emission from broilers operations. Journal of the Air & Waste Management Association (1995) 63 (2013) H. 4, S. 442-452.

[6]     Berk, J.: Technik in der Geflügelhaltung. In: Frerichs, L. (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2018, 30. Auflage, Braunschweig 2019, DOI: 10.24355/dbbs.084-201901211121-0, S. 1-8.

[7]     N.N.: Bundeseinheitliche Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen. Verband Deutscher Putenerzeuger e.V., Berlin 2013.

[8]     Shah, S.; Westermann, P. und Parsons, J.: Poultry Litter Amendments. North Carolina Cooperative Extension Service, North Carolina State University. 2006.

[9]     Fairchild, B.; Czarick, M. und Mou, C.: DOL 53 Ammonia Sensor. A First Look. Poultry Housing Tips 30, 1-7. 2018.

[10]   Miles, D. M.; Rowe, D. E. und Cathcart, T. C.: Litter ammonia generation: moisture content and organic versus inorganic bedding materials. Poultry science 90 (2011) H. 6, S. 1162-1169.

[11]   Miles, D. M.; Rowe, D. E. und Moore, P. A.: Litter ammonia losses amplified by higher airflow rates. Journal of Applied Poultry Research 21 (2012) H. 4, S. 874-880.

[12]   Nicholson, F. A.; Chambers, B. J. und Walker, A. W.: Ammonia Emissions from Broiler Litter and Laying Hen Manure Management Systems. Biosystems Engineering 89 (2004) H. 2, S. 175-185.

[13]   Dräger: Handbuch zur Einführung in die Gasmesstechnik.

[14]   DOL SENSORS: DE – Technische Info DOL53 Ammoniak Sensor.

[15]   Extox: Langzeitstabile NH3-Überwachung in Tierställen. Messkonzept NH3-Stable. 2017.

[16]   DLG: DLG Prüfbericht 6768. Ammoniak Messsystem "NH3-Stable". 2017.

 

Autorendaten

Dr. Kathrin Toppel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Schwerpunkt Geflügel (StanGe) am Lehrstuhl für Tierhaltung und Produkte an der Hochschule Osnabrück.

Johannes Wulf ist Studierender im Master Angewandte Nutztier- und Pflanzenwissenschaften an der Hochschule Osnabrück mit dem Schwerpunkt Nutztier/Geflügel. Er ist wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Tierhaltung und Produkte.

Dr. Falko Kaufmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Schwerpunkt Geflügel (StanGe) am Lehrstuhl für Tierhaltung und Produkte an der Hochschule Osnabrück. Er ist zudem Dozent im Lehrbereich Nutztierwissenschaften.

Empfohlene Zitierweise:
Toppel, Kathrin; Wulf, Johannes; Kaufmann, Falko: Ammoniak im Bestandscontrolling der Geflügelhaltung. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2020. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2021. – S. 1-10

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