Beitrag in Jahrbuch 2020

Pflanzenschutz-, Dünge- und Bewässerungstechnik Digitalisierung und Automatisierung der landwirtschaftlichen Bewässerung in Deutschland

Kurzfassung:

Die Dürresommer der vergangenen Jahre (insbesondere 2018 und 2019) haben die Landwirte vor massive Wasserprobleme gestellt. Landwirtschaftliche Bewässerung nimmt in vielen Regionen in Deutschland stark an Relevanz zu. Hierbei kommt es zu Nutzungskonflikten zwischen Bewässerung und der Trinkwasserversorgung. Das Thema der wassersparenden Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen wird aus der Sicht der Wirtschafts- und Nachhaltigkeitsdiskurse in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Die Bewässerung befindet sich in einer digitalen als auch technischen Transformation. Im Folgenden wird ein Überblick über die aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung und Automatisierung von Bewässerungssystemen gegeben und daran anknüpfend wird auf aktuelle Forschungstätigkeiten eingegangen.

Volltext

Einführung

Die Digitalisierung zielt auf die grundlegende Neustrukturierung bestehender Prozesse ab. Die analoge Datenermittlung und analoge Steuerungen sind häufig ein Grund dafür, dass die Digitalisierung verzögert in landwirtschaftlichen Betrieben voranschreitet. Für die Automatisierung ist es zwingend erforderlich, dass die entsprechenden Daten in Echtzeit zur Verfügung stehen und Regelelemente direkt angesteuert werden können. Erst wenn das komplette Bewässerungssystem mit allen relevanten Komponenten digital erfasst ist, können alle Einzelelemente vernetzt werden und Automatisierungs- und Optimierungsprozesse angewendet werden. Das Internet of Things (IoT) beschreibt ein Netzwerk von physischen Objekten, welches eine robuste Interaktion zwischen Sensoren, Software und Aktuatoren ermöglicht. Durch den kontinuierlichen Austausch von Daten werden Vorhersagen, Echtzeit-Steuerungen und eine gesamtheitliche Darstellung aller Daten, Prozesse, Steuerungen und Auswirkungen möglich [1]. Stehen alle nötigen Daten zur Verfügung und sind alle Regelelemente miteinander verknüpft, können Prozesse neu strukturiert bzw. automatisiert werden. Dabei kommt die Modelltechnik ins Spiel, die es ermöglicht, ein digitales Abbild der Realität (digitaler Zwilling) zu erstellen. Dadurch können Systeme getestet und im digitalen Umfeld optimiert werden, ohne eventuell schädliche Auswirkungen im realen System zu riskieren. Der Einsatz von modernen, logischen und prozessgetriebenen Modellen ist daher ein Schlüsselelement für die weitere Digitalisierung der Bewässerung und der gesamten Landwirtschaft.

Viele landwirtschaftliche Betriebe sind bereits heute von digitalen Strukturen durchzogen. Das Ziel ist es, ein digitales Abbild des Feldes zu schaffen, um eine optimierte Bewässerung zu gewährleisten. Mit Hilfe des digitalen Zwillings ist es möglich, die Situation auf dem Feld kontinuierlich zu überwachen, zu visualisieren und zu optimieren.

Bisherige Bewässerungspraxis

Betrachtet man die aktuell gängige Bewässerungsmethodik, wird schnell ersichtlich, dass Automatisierung oft noch ein Fremdwort ist: Regnerwagen müssen umgesetzt werden, die Ventile werden manuell geöffnet und die Überwachung der Beregnungsgabe erfolgt häufig über die Wasseruhr oder die Laufzeit, die ein System bei bekannter Kapazität gelaufen ist. Die Bewässerungsgaben und Strategien basieren daher häufig auf der Erfahrung der Landwirte. Anpassungen erfolgen häufig nach dem heuristischen „Trial-and-Error“ Verfahren. Die Bodenfeuchte als entscheidender Parameter für das Pflanzenwachstum wird neben der Bodenbeschaffenheit häufig vernachlässigt. Die klassische Ermittlung der Bewässerungsgaben erfolgt durch einfache Bilanzansätze, bei der die aktuelle und tiefenabhängige Bodenfeuchte sehr vereinfacht oder gar nicht berücksichtigt wird [2; 3].

Einsatz von Sensorik und Modelltechnik

Die Verwendung von moderner Sensorik zur Messung der Bodenfeuchte und/oder der Bestandstemperatur ermöglicht hingegen eine deutlich effizientere Festlegung der Bewässerungszeitpunkte und -mengen. Dieser Effekt zeigt sich beispielsweise bei dem aktuellen Forschungsprojekt „Sensorgestützte Beregnungssteuerung in Kartoffeln (SeBeK)“ [4]. Mit der Verwendung von Modelltechnik wird, über die alleinige Verwendung von Sensoren hinaus, eine deutlich zielgerichtetere Bewässerung ermöglicht. Sensoren geben punktuell Informationen über die Bodenfeuchte eines Ackerschlages. Die Verwendung von Wasserhaushaltsmodellen ermöglicht es jedoch, zusätzlich den Bodenwasserhaushalt und die aktuellen Evapotranspirationsprozesse räumlich und zeitlich abzubilden [5]. Insbesondere können Modelle den Landwirt bei der Entscheidungsfindung unterstützen, wodurch Fehlentscheidungen bei der Bewässerung vermieden werden [6]. Das Novum besteht darin, dass die Bewässerung im ganzheitlichen Kontext des Wasserhaushaltes eines Feldes oder einer kleinen Region betrachtet wird. Dadurch können beispielsweise Interaktionen mit dem Grundwasserkörper, der Einfluss von Drainagen und die durch Topografie- sowie Bodenveränderung unterschiedlichen Infiltrationseigenschaften mitberücksichtigt werden. Unterschiedliche Bodenarten und deren Schichtung können nach dem numerischen Ansatz von Richard deutlich detaillierter berücksichtigt werden. Im Ergebnis kann die Wasseraufnahme der Wurzel in Abhängigkeit vom aktuellen Bodenfeuchteprofil genauer abgebildet werden. Der Bewässerungsbedarf ergibt sich dann als Differenz von verfügbarem Wasser in der ungesättigten Zone und der Evapotranspiration (bezeichnet in der Meteorologie die Summe der Verdunstung von Wasser durch Tier- und Pflanzenwelt sowie von Boden- und Wasseroberflächen). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass moderne Wasserhaushaltsmodelle in Kombination mit Sensorik und Wetterdaten bei der Bewässerung helfen, indem sie folgende Informationen bieten:

  • Von Punktdaten in die Fläche: Oft stehen nur punktuelle Informationen zur Verfügung, die nicht ohne Weiteres auf andere Regionen übertragbar sind. Ein Modell kann diese Lücke schließen, indem die räumlichen Daten berücksichtigt werden. Dadurch entsteht ein ganzheitliches Abbild des Bodenwasserhaushaltes und der aktuellen Evapotranspiration auf dem Ackerschlag, welches den entsprechenden Wasserverbrauch bilanzierbar macht. Ein praktisches Beispiel sind räumliche Niederschläge, die anstatt punktueller Regenschreiberdaten verwendet werden können. Dadurch werden die Auswirkungen des Niederschlags auf den Bodenwasserhaushalt genauer berechnet.
  • Inhomogenitäten und Störungen können berücksichtigt werden: Sind beispielsweise die Böden in einem Gebiet sehr inhomogen, kann mithilfe des Modells die Bewässerung entsprechend angepasst werden. Auch Fernerkundungsdaten, welche Varianzen in der Vegetation aufzeigen, können im Modell assimiliert (Korrektur der Berechnungswerte durch Messwerte) werden.
  • Ganzheitliche Betrachtung des Wasserhaushalts: Der Einfluss von Wetterdaten, (Stark-)Regen, Grundwasser, Drainagen usw. auf den Bodenwasserhaushalt kann im Detail beschrieben werden. Dadurch erhält man ein kontextualisiertes Bild der Wechselwirkung zwischen Oberflächenwasser, Gewässer, Anbaupflanze, und Grundwasserneubildung.
  • Wasser- und Stoffbilanzen zur Beweissicherung: Durch die flächendeckende Abbildung der Zustände können sehr schnell genaue Bilanzen erstellt werden. Mit den Modellen kann der Nachweis geführt werden, wie sich die Bewässerung sowohl quantitativ als auch qualitativ auf die Grundwasserressourcen auswirkt. Konservativer Stofftransport bis hin zu Abbauprozessen können mit berechnet werden.
  • Modelle dienen als Planungswerkzeug. Dies kann zum Beispiel zur Optimierung der Bewässerungsanlage eingesetzt werden, indem unterschiedliche Bewässerungsstrategien zuerst am Modell getestet werden, bevor sie in Realität angewendet werden. Dies hat zur Folge, dass Bewässerungsstrategien (Zeitpunkt und Menge) und Bewässerungssysteme vorab getestet werden können, ohne dabei Pflanzen und Material der Bewässerungsanlagen zu gefährden.
  • Modelle sind ein essenzieller Baustein für den digitalen Zwilling (Abbildung der Natur im Modell zur Testung von Szenarien): Dieser innovative Ansatz sieht vor, dass das Modell immer das aktuelle Geschehen physikalisch mitberechnet und zur Entscheidungsunterstützung oder Echtzeitsteuerung verwendet werden kann. So kann auf außergewöhnliche Situationen (Dürre, Starkregen, Schädlingsbefall) möglichst schnell und effektiv reagiert werden. Unter Einbezug von Wettervorhersagen können verschiedene Anpassungsstrategien berücksichtigt und getestet werden. Ein Beispiel wäre die Vorbewässerung vor einem Regenereignis, um einen ausgetrockneten Boden für die Wasseraufnahme vorzubereiten und einer Erosion (Abtrag der obersten Bodenschicht) vorzubeugen.

Praxisbeispiel: Modellbasierte Überprüfung einer Bewässerungsstrategie und Optimierungsmöglichkeiten

Ein Praxisbeispiel soll verdeutlichen, wie die Modellierung für die Optimierung von bestehenden Bewässerungssystemen eingesetzt werden kann. An einem Standort in der Südukraine verrichten Kreisberegnungsanlagen aus der Zeit der Sowjetunion (1970er) ihren Dienst. Die Effektivität der Bewässerung und die Klimawandel-Resilienz wurden mit Hilfe der Simulationssoftware MIKE SHE (integriertes Wasserhaushaltsmodell) bewertet. Das Ergebnis der Untersuchung für die Jahre 2016-2019 zeigte klare Defizite bei Verwendung der bisherigen Bewässerungstechnik. So ist in den Wasserbilanzen der einzelnen Kreisberegnungsflächen zu erkennen, dass es zu einer deutlich erhöhten Grundwasserneubildung kommt. Dies liegt daran, dass die Bewässerungsmenge zu hoch ist und die sandlehmigen Böden das Wasser nicht halten können. Wie oben beschrieben hat man in der Vergangenheit auch hier nach dem „Trial-and-Error“ Verfahren die Bewässerung durchgeführt. Es wurde jedoch festgestellt, dass dieser Ansatz den Betreiber in die falsche Richtung führte. Die geringeren Ernten haben den Rückschluss ziehen lassen, dass auf Grund des Wassermangels die Pflanzen nicht den gewünschten Ertrag lieferten. Allerdings war das Gegenteil der Fall. Das Modellergebnis zeigt, dass das Wasser durch zu hohe Bewässerungsmengen ins Grundwasser sickert, wobei wichtige Nährstoffe für ein optimales Pflanzenwachstum aus dem Boden herausgespült werden.

Die bestehende Kreisberegnungsanlage des Standorts ist aufgrund des hydraulisch gesteuerten Antriebs für eine Optimierung ungeeignet, da ein Umlauf derzeit 7 bis 8 Tage dauert. Eine für diesen Standort optimierte Kreisberegnungsanlage sollte jedoch eine Umlaufzeit von 4 Tagen haben und mit deutlich geringeren Wassermengen bewässern können. Da das bestehende System demnächst erneuert werden muss, wurden mit Hilfe des Modells die in Frage kommenden neuen Bewässerungsmethoden (Düsenwagen mit Schleppschläuchen, Tröpfchenbewässerung und Unterflurbewässerung) untersucht. Das Ergebnis der Tröpfchenbewässerung zeigt ein deutliches Wassereinsparungspotential von bis zu 70 % auf.

Bild 1: Vergleich der Bodenfeuchteprofile (volumetrisch prozentual) für die Bewässerungsmethoden „unbewässert“, Kreisberegner und Tröpfchenbewässerung an einem exemplarischen Punkt des Ackerschlages.

Figure 1: Comparison of soil moisture profiles (percent volume) for irrigation methods “non-irrigated“ (top), pivot (middle) and drip (bottom) irrigation at a representative point of each field.

 

Des Weiteren wurde eine Untersuchung zur Klima-Resilienz durchgeführt. Diese zeigt, dass das bestehende System aufgrund seiner großen Bewässerungsmengen sehr resilient gegenüber prognostizierten klimabedingten Veränderungen ist. Es wurden dazu der Anstieg der Lufttemperatur, die Verringerung von Niederschlägen und ein Anstieg der Windgeschwindigkeit untersucht. Mit dem Einsatz der Tröpfchenbewässerung kann für zukünftige klimatische Situationen der Wasserstress der Vegetation in einem akzeptablen Bereich gehalten werden, bei gleichzeitiger Minimierung des Wassereinsatzes und Optimierung des Düngemitteleinsatzes. Abgeleitet vom Wasserstress versetzt die Modellierung von Klimaszenarien Landwirte in die Lage, Aussagen über vorhersehbare Erntesteigerungen oder -verluste zu treffen. Dies hilft bei der Entscheidungsfindung, wenn Pachtverträge verlängert und/oder Investitionen in neue Technologien getätigt werden müssen.

Forschung im Kontext der Automatisierung von Bewässerungssystemen

Aktuell gibt es mehrere Forschungsprojekte, die sich mit der Automatisierung der Bewässerung beschäftigen. Frei verfügbare Werkzeuge, die auf der Geisenheim-Steuerung basieren, werden in den Projekten GS-Netz, GS-Mobil und GSEHEN entwickelt. Diese können bei der allgemeinen Entscheidungsunterstützung helfen [7]. Die funkbasierte Bewässerungssteuerung sowohl für Sensorik und Aktorik wurde 2016 an der Hochschule Weihenstephan Triesdorf erfolgreich getestet [8]. Mit der immer mehr zunehmenden Nutzung der LoRaWAN Netzwerke und der industriellen Schaffung von einheitlichen Kommunikationsschnittstellen für Hardware-Komponenten sind heutzutage die Grundlagen für eine solide Kommunikationsstruktur gelegt. LoRa Technologien bieten ein großes Potential für die Landwirtschaft, da sie sich durch hohe Reichweiten für die Datenübertragung und einen geringen Energiebedarf auszeichnen.

Mit dem aktuellen Forschungsprojekt der „standortangepassten vollautomatischen Echtzeitprozessoptimierung von solarbetriebener Tröpfchenbewässerung (Irrimode)“ wird derzeit versucht, den Brückenschlag zwischen Sensorik, Modelltechnik, Entscheidungsfindung und Steuerung herzustellen [9]. Das Projekt wird vom Land Sachsen-Anhalt im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI) gefördert. Auf der Versuchsfläche des Internationalen Pflanzenbauzentrums der DLG in Bernburg wird eine Unterflur-Tröpfchenbewässerungsanlage betrieben, die mit dem auf Grundlage des Wasserhaushaltsmodells MIKE SHE beruhenden Berechnungsansatz in Echtzeit modelliert wird. Damit ist es möglich, die Bewässerungsplanung zu optimieren und zu überwachen.

Bild 2: Lage der 16 Versuchsfelder der DLG Bernburg mit Bewirtschaftung (Soja und Winterweizen) im Jahr 2018

Figure 2: Representation of the 16 test fields at DLG Bernburg planted with soja and winter wheat crops in 2018

 

Auf den 16 Versuchsfeldern wurde 2018 Soja und Winterweizen angebaut (Bild 2). Im Versuchsjahr 2018 wurden ein Teil der Felder nicht bewässert und ein anderer Teil der Felder bewusst bewässert. Hierdurch konnte der positive Effekt einer gezielten Bewässerung im Vergleich zur Vegetationsausbildung unter natürlichen Wetterbedingungen aufgezeigt werden. Aufgrund der langanhaltenden Trockenheit zeigten sich bereits während der Pflanzenentwicklung deutliche Defizite auf den unbewässerten Flächen.

Während der Vegetationsperiode (April-September) im Jahr 2018 sind 188 mm Niederschlag gefallen. Dies zeigt sich in den modellierten Bodenfeuchten, die sensitiv auf die Bewässerungsgaben der Tröpfchenbewässerung reagieren. Neben den punktuellen Auswertungen können zudem die räumlichen Auswirkungen beurteilt werden. Diese erfolgen über den Wasserstress-Faktor, der sich aus dem Verhältnis der aktuellen Evapotranspiration zur pflanzencharakteristischen potenziellen Evapotranspiration ergibt. Auf den nicht bewässerten Flächen zeigt sich ein Wasserstress-Faktor von ca. 0,25 ­ für die Vegetation (Bild 3).

Bild 3: Gemittelte Wasserstress-Faktoren für den Zeitraum vom 6. April 2018 bis zum 15. September 2018

Figure 3: Averaged water stress factors between 6th April and 15th of September 2018

 

Die Folge ist eine deutliche Degradation der Vegetation, wie sie auch so vor Ort dokumentiert wurde. Mit der intelligenten und modellgetriebenen Bewässerung konnte der Wasserstress drastisch verringert werden. Dadurch, dass im Modell die Lage der Tropfschläuche abgebildet wird, zeigt sich in der bewässerten Vegetation das Streifenmuster, wie es auch in Realität zu erkennen war.

Bild 4: Systemskizze eines Testfeldes mit Sensoren und Aktoren (links), welches durch einen digitalen Zwilling (rechts) in Echtzeit abgebildet wird

Figure 4: Diagram of a test field with sensors and actuators (left), whose data are illustrated in real-time through the digital twin (right)

 

Die Automatisierung wird nach dem Wasser 4.0-Ansatz in Bild 4 (in Anlehnung an Industrie 4.0) umgesetzt: Die Sensorik von unterschiedlichen Herstellern (Klimastationen und Bodenfeuchtesensoren) liefern kontinuierlich Daten in eine Cloud-Instanz. Innerhalb dieser Dateninstanz erfolgt eine kontinuierliche Plausibilisierung. Die Daten werden dann via REST-API (REST: Representational State Transfer; API: Application Programming Interface - Softwarearchitektur für den Online Datenaustauch) online zur Verfügung gestellt. Die Modelltechnik nutzt neben den Wettervorhersagen die aktuellen Messdaten des Bodens als Anfangs-Randbedingungen für eine flächenhafte Modellierung. Die Bewässerungsintervalle werden im Modell abhängig von der Bodenfeuchte ausgegeben. Die Aktoren des Bewässerungssystems werden über ein lokales SMS-Modem oder LoRaWAN Gateway angesteuert (Bild 5). Das Feedback aus der Bewässerung wird über die Bodenfeuchtesensoren gemessen und von dem Modell für die nächste Bewässerungsoptimierung mitberücksichtigt.

Im Rahmen der internen Kommerzialisierung werden bereits weitere Prototypen für den Feldeinsatz entwickelt und in die Testung gebracht. Die Vielzahl der Technologien in einer neuen Konzeption bedarf einer weiteren intensiven Entwicklung, um eine solide, für die Landbautechnik geeignete Technologieplattform zur Marktreife zu bringen.

Bild 5: Ansteuerung der Aktoren via SMS-Modem oder LoRaWAN Gateway

Figure 5: Control of the actuators through SMS-modem or LoRaWAN Gateway

Zusammenfassung

Dieser Artikel stellt einen Ansatz vor, wie mit Sensorik und modernen numerischen Computermodellen in der agrarwirtschaftlichen Praxis der Wasserhaushalt in der ungesättigten Bodenzone ganzheitlich berechnet werden kann. Anhand der daraus resultierenden aktuellen Evapotranspiration und dem verfügbaren Wasser im Boden können Bewässerungsgaben abgeleitet und in Echtzeit optimiert werden. Das präsentierte Praxisbeispiel aus der Ukraine verdeutlicht, wie Wasserhaushaltsmodelle als Planungs- und Analysetools genutzt werden können. Die Kopplung von Modellen und IoT-basierten Systemen ermöglicht es, Sensordaten in Modellen einzubetten und die Aktorik auf Basis von Modellergebnissen zu steuern. Diese Synergieeffekte sind Grundlage für die Optimierung und Automatisierung von Bewässerungssystemen.

Auf dieser Basis werden aktuell neue Werkzeuge und Lösungen für Precision Farming mit Fokus auf automatisierter Bewässerung entwickelt. Diese verfolgen das Ziel, das Optimum von Wasser-, Energie- und Düngemitteleinsatz zu finden, um Erträge zu sichern und im Optimalfall zu steigern und gleichzeitig die Ressource Wasser zu schonen. Damit sollen langfristig die Folgen des Klimawandels für die Landwirtschaft minimiert werden.

 

Literatur

[1]     Vestner, R.J. und Keilholz, P.: Was bedeutet der „4.0-Ansatz“ für die Wasserwirtschaft? 49. Essener Tagung für Wasser- und Abfallwirtschaft, Aachen; 03/2016.

[2]     Allen, R. G. et al: FAO Irrigation and Drainage Paper – Crop evapotranspiration (guidelines for computing crop water requirements). 1998, Rome: FAO.

[3]     N.N.: Merkblatt DWA-M 590: Grundsätze und Richtwerte zur Beurteilung von Anträgen zur Entnahme von Wasser für die Bewässerung.

[4]     Zimmermann, B. et al.: Mit Sensoren gegen Trockenstress. top agrar 10/2019.

[5]     Keilholz P. et al.: Bewässerung 4.0: ein möglicher Ansatz zur weiteren Optimierung der Bewässerung. KW Korrespondenz Wasserwirtschaft, (ISSN: 1865-9926), S. 510-517, Nr. 9, 2019.

[6]     Paschold, P.-J.; Kleber, J. und Meyer, N.: Bewässerungssteuerung bei Gemüse im Freiland. Landbauforschung - Sonderheft 328; 2009.

[7]     N.N.: GSEHEN - Geisenheimer Bewässerungssteuerung. Hochschule Geisenheim, URL – https://www.hs-geisenheim.de/gemuesebau/bewaesserung/geisenheimer-bewaesserungssteuerung/, Zugriff am 11.01.2021.

[8]     Beck, M.: Bewässerungsprojekte an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf - Funkbasierte Bewässerungssteuerung. URL – https://www.hswt.de/forschung/wissenstransfer/2016/april-2016/bewaesserungsprojekte-an-der-hswt.html, Zugriff am 11.01.2021.

[9]     N.N.: IrriMode Projekt. URL – http://www.irrimode.de, Zugriff am 11.01.2021.

 

Autorendaten

Dr.-Ing. Patrick Keilholz ist Geschäftsbereichsleiter Hydrologie und Agrarsysteme bei der DHI WASY GmbH.

Sc. Dominic Spinnreker-Czichon ist Head of Sales DACH bei der DHI WASY GmbH.

Sc. Kyle Egerer ist Junior Sales Manager DACH bei der DHI WASY GmbH.

Sc. Maximilian Winderl ist Junior Consultant bei DHI WASY GmbH.

Dipl.-Ing. Christian Pohl ist Director Business Development bei der DHI WASY GmbH.

Empfohlene Zitierweise:
Keilholz, Patrick; Spinnreker-Czichon, Dominic; Egerer, Kyle Thomas; Winderl, Maximilian; Pohl, Christian: Digitalisierung und Automatisierung der landwirtschaftlichen Bewässerung in Deutschland. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2020. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2021. – S. 1-11

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