Beitrag in Jahrbuch 2023
Traktoren Gesamtentwicklung Traktoren
Marktsituation
Die an dieser Stelle über Jahre hinweg aufgeführten Umsatz- und Produktionszahlen der deutschen Traktorenhersteller (ohne Claas) werden vom VDMA nicht mehr zur Verfügung gestellt und Tabelle 1 beinhaltet für 2023 deshalb nur noch die Neuzulassungen [1]. Mit 30.336 Traktoren lag diese Zahl um nur sechs Einheiten höher als 2022. Damit gibt es wiederum eine kleine Abweichung zu den Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (2023: 30.345; 2022: 30.344), auf welchen die Marktanteile in Tabelle 2 (2020 - 2023) und in [2] basieren.
Tabelle 1: Traktorengeschäft in Deutschland (Stückzahlen), ohne Geländefahrzeuge [1].
Table 1: Tractor business in Germany (units), without terrain vehicles [1].
Tabelle 2 beinhaltet die traditionelle Zeitreihe mit den Marktanteilen. Fendt konnte stark zulegen und John Deere auf den zweiten Platz verweisen. Deutz-Fahr behauptete sich mit einem leichten Plus auf Platz 3. Änderungen in der Rangfolge gab es wiederum bei den Marken Claas, Kubota und Case IH / Steyr auf den Plätzen vier bis sechs. New Holland und Massey Ferguson erreichten ähnliche Marktanteile wie im Vorjahr, Valtra konnte erneut zulegen. Detaillierte Zahlen zu den Zulassungen in Deutschland nach Herstellern, Konzernen und Best-Seller-Modellen gab es wiederum in der Zeitschrift "Profi" [2]. Eine umfangreiche Übersicht über Marktzahlen (2022) aus 23 europäischen Ländern wurde in [3] veröffentlicht. Einschätzungen zu den internationalen Landmaschinenmärkten gab es in [4].
Übersichten, Trends, Tests
Übersichten
Alternative Antriebskonzepte und Kraftstoffe waren 2023 erneut vieldiskutierte Themen. Mit [5] erschien ein umfangreiches Dokument zur Verwendung erneuerbarer Antriebsenergien in landwirtschaftlichen Maschinen. Neben der Darstellung der technischen Entwicklung gibt es darin auch Energiebedarfs-, Verfügbarkeits- und Kostenschätzungen. In [6] wurde über den Abschluss des Projektes H2@AgTech berichtet, welches zum Ziel hatte, die Potenziale von Wasserstoff als Energieträger im Bereich der Landtechnik/Landwirtschaft aufzuzeigen. Wasserstoff war auch Thema in anderen Beiträgen, in [7] beispielsweise wurde über eine Pilotanlage berichtet, in welcher aus Biogas statt Strom grüner Wasserstoff produziert wird.
Tabelle 2: Marktanteile der Top 20 in Deutschland (basierend auf Stückzahlen in % der Gesamtzulassungen. Zahlen 2023 nach [2].
Table 2: Market shares of the top 20 in Germany (based on unit sales in % of total registrations, figures 2023 according to [2]).
Unter dem Titel "Weg von fossilen Treibstoffen – Landtechnik als Enabler klimafreundlicher Antriebe im Agribusiness" veröffentlichte der VDMA ein Positionspapier zu alternativen Kraftstoffen [8]. In [9] gab es einen Beitrag über E-Fuels, in [10] einen Überblick über alternative Antriebskonzepte und Kraftstoffe allgemein.
Mit [11] wurde eine umfangreiche Übersicht zum aktuellen Stand der Elektrifizierung bei Traktoren und Geräten veröffentlicht. In [12] gab es einen Beitrag über ein Berechnungsmodell für einfache Umsturzrahmen, als möglicher Ersatz für praktische ROPS-Tests.
Trends
Im Vorfeld der Agritechnica wurden wieder zahlreiche Innovationen für den Wettbewerb
"Agritechnica Innovation Award" angemeldet. Eine Berichterstattung über die wichtigsten
Traktorinnovationen und die allgemeinen Trends gab es in [13].
CNH präsentierte mit dem Steyr Hybrid CVT ein modulares Hybridkonzept für mittlere und große Standardtraktoren. Der vorgestellte Prototyp basiert auf einem Serienmodell der 6-Zylinder-Einstiegsklasse (Baureihe "Impuls", Leistung 132 kW / 180 PS, Radstand < 2,8 Meter), der Dieselmotor leistet hier aber 191 kW / 260 PS. Vom Original übernommen wird das bekannte hydrostatisch-mechanische Stufenlosgetriebe. Komplett neu ist hingegen der Vorderachsträger mit gefederter Einzelradaufhängung und zwei integrierten E-Maschinen. Der Generator wird vom Dieselmotor angetrieben und gibt die erzeugte elektrische Leistung (bis 75 kW) über die Leistungselektronik an den E-Motor an der Vorderachse weiter. In Kombination mit einem elektrostatischen Energiespeicher (SuperCaps) ergibt sich eine seriell-parallele Hybridstruktur, die zahlreichen Funktionen ermöglicht, die bei Traktoren neu sind. Hierzu zählen der variable, aktiv gesteuerte Vorlauf der Vorderachse (E-Steering), die elektrische Boost-Funktion zum schnellen Beschleunigen beim Transport (E-Boost) und der Ausgleich von Lastspitzen (E-Torque-Filling). Weitere Informationen zu diesem Konzept gab es in [14].
Beim DLG-Wettbewerb „AgriFuture Concept Winner 2023“ [15] reichte Fendt eine Studie einer mobilen Brennstoffzelle als "Range Extender" ein, die aus grünem Methanol Strom erzeugen und die Batterie des Fendt e107 V Vario laufend nachladen kann. Da Methanol bei Umgebungsbedingungen flüssig ist, muss es - im Gegensatz zu Wasserstoff - weder unter Druck gesetzt noch gekühlt werden. Die Brennstoffzelle weist eine Leistung von 15 kW auf und kann aus einer 60-l-Tankfüllung Methanol rund 100 kWh elektrische Energie erzeugen. Bei tiefer/mittlerer Auslastung lässt sich die Einsatzzeit des batterieelektrischen Traktors e107 V Vario somit verdoppeln. Angebaut wird das Brennstoffzellenmodul am Front- oder Heckkraft-heber, die elektrische Verbindung erfolgt über einen AEF-Stecker. Direkt-Methanol-Brennstoffzellen (DMFC) kamen bisher in Kleinanlagen mit Leistungen bis 5 kW und vor allem im portablen Bereich zur Anwendung [16].
Batterieelektrische Traktoren mit Dauerleistungen bis ca. 55 kW kommen nach und nach auf den Markt. In Bild 1 sind zwei aktuelle Konzepte schematisch dargestellt. Ausgangspunkt ist die Seitenansicht eines klassischen Antriebs-/Rumpfkonzeptes in Blockbauweise (oben). Bei der mittleren Darstellung handelt es sich um eine Obenansicht von E-Traktoren, die auf dem "conversion design" basieren. Der Dieselmotor wird hier durch einen E-Motor ersetzt, der über ein Zwischengetriebe (Übersetzungsverhältnis ca. 2:1) an eine bestehende "Transaxle" (Getriebe-Hinterachse-Einheit) angeflanscht wird. Die Variante 1 entspricht dem Konzept von Fendt beim e107 V Vario (Dauer-/Peakleistung 55/66 kW, Batteriekapazität 100 kWh), die Variante 2 den Schwestermodellen Case IH Farmall 75 C Electric und New Holland T4 Electric (Dauer-/Peakleistung 55/89 kW, Batteriekapazität 110 kWh). Bei den CNH-Modellen weist das Zwischengetriebe eine zusätzlich Abtriebswelle für Hydraulikpumpen auf.
Bild 1: Designs für E-Traktoren im Vergleich zu einem klassischen Antriebskonzept.
Figure 1: E-tractor designs compared to a classic drive/chassis concept.
Die Darstellung ganz unten repräsentiert den Aufbau des von Grund auf neu entwickelten Rigi-trac SKE 40 (Dauer-/Peakleistung Fahrantrieb 40/64 kW, Batteriekapazität 50 kWh). Der E-Motor für den Fahrantrieb ist über ein Getriebe mit einer größeren Übersetzungsstufe und einer Abtriebsstufe für den Allradantrieb an die Hinterachse angeflanscht. Für ein weiteres E-Traktormodell mit rund 80 kW Fahrantriebsleistung lassen sich in diesem Getriebe auch zwei schaltbare Fahrbereiche integrieren. Für die Front- und die Heckzapfwelle sowie für den Antrieb der Arbeitshydraulikpumpe kommen weitere E-Motoren dazu. Bei diesem Konzept kann auf ein klassisches "Schaltgetriebe" (gestuft oder stufenlos) und auf eine Verstellpumpe für die Arbeitshydraulik verzichtet werden. Die Zapfwellen sind stufenlos, bieten einen Sanftanlauf sowie eine Drehrichtungsumkehr. Die Batterien sind bei den gezeigten Konzepten unter der Haube anstelle des Dieselmotors und/oder zwischen den Achsen angeordnet. Die Ladeleistungen mit Wechselstrom (AC) liegen bei 22 kW, diejenigen mit Gleichstrom (DC) zwischen 80 und 100 kW.
Die Firma Tadus präsentierte zur Agritechnica eine E-Traktor-Studie mit 100 kW Leistung auf der Basis eines Systemtraktors von Systra. Zur Anwendung kommen hier fünf E-Motoren, je einer für die Vorder- und Hinterachse, je einer für die Front- und Heckzapfwelle sowie einer für die Arbeitshydraulikpumpe. Den gleichen Ansatz verfolgte bereits Rigitrac beim Prototyp SKE 50 (Vorstellung 2018). Auch das Start-up-Unternehmen Onox stellte einen E-Traktor-Prototyp vor (Fahrantriebsleistung 50 kW). Neben einer fest verbauten 20 kWh-Batterie ist eine Wechselbatterie mit 30 kWh vorgesehen. An der TU München wurde mit dem TUMtrac eine E-Fahrzeugplattform entwickelt, um neue Batterie- und Antriebskonzepte zu entwickeln. Ein Batteriewechselsystem soll es auch hier als Option geben [17].
Nach Krone/Lemken und AgXeed präsentierte auch Kuhn ein autonomes Trägerfahrzeug ("Karl"). Autonome Traktor-Prototypen wurden u.a. von Kubota mit dem MR 1000A Agri Robo KVT (Basis: M5112) [18] und von Claas mit dem XERION 12.590 gezeigt [19].
Mit "ErgoSteer" führt Fendt bei der neuen Baureihe 600 Vario eine Joy-Stick-Lenkung in der linken Armlehne ein – zusätzlich zum Lenkrad. Durch eine Selbstzentrierung ist ein exaktes Geradeausfahren jederzeit möglich, die Lenkempfindlichkeit kann im Traktorterminal indivi-duell eingestellt werden. ErgoSteer lässt sich bei allen Traktoren mit FendtONE nachrüsten.
Aufgrund der weltweit zunehmenden Bedeutung von Stummelachsen – u. a. getrieben durch die mechanische Unkrautbekämpfung – passt Fendt mit „VarioFlex Duals“ das in Übersee bewährte System mit 3-Meter-Stummelachse und Duo-Radnabe auf eine zulassungsfähige Außenbreite von 2,55 Meter für Europa an. Die Nutzung von Radgewichten und der integrierten Reifendruckverstellanlage VarioGrip ist weiterhin möglich.
John Deere konnte im Frühjahr 2023 die Produktion von zwei Millionen Traktoren im Werk Mannheim feiern, das Jubiläumsmodell war ein 6R 250, Bild 2 [20]. Die Marke von einer Million Traktoren wurde 1993 mit einem 6400er überschritten, hierfür waren über 70 Produktionsjahre erforderlich. Auch Lindner konnte 2023 mit "75 Jahre Traktorenproduktion" ein Jubiläum feiern.
Tests
In [21] und [22] wurden die Ergebnisse eines Vergleichstests mit Traktoren in der 300-PS-Klasse veröffentlicht (Claas Axion 870, Deutz-Fahr 8280, John Deere 6R 250, Massey Ferguson 8S.285, McCormick X8.631, New Holland T7.300 und Valtra Q285).
Bild 2: Jubiläumsmodelle John Deere 6R 250 und 6400 mit Lanz Bulldog [20].
Figure 2: Anniversary models John Deere 6R 250 and 6400 with Lanz Bulldog [20].
Traktortechnik nach Herstellern
Nachfolgend werden ausgewählte Neu- und Weiterentwicklungen (Serienfahrzeuge) vorgestellt, wie immer ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Fendt stellte die komplett neue Baureihe 600 Vario vor (vier Modelle: 614/616/618/620). Mit Maximalleistungen bis 165 kW / 224 PS (ECE R120), einem maximal zulässigen Gesamt-gewicht von 13,5 t (bei 50 km/h), einem Radstand von 2.72 m und Hinterreifen bis 1.95 m Durchmesser definiert Fendt die 4-Zylinder-Topklasse neu (Tabelle 3). Angetrieben werden die 600er-Modelle vom neuen 4-Zylinder-Aggregat mit 5,0 l Hubraum aus der neuen CORE-Baureihe (siehe Kapitel "Motoren und Getriebe bei Traktoren"). Das Mehrleistungskonzept "DynamicPerformance" mit bis zu 11 kW / 15 PS Zusatzleistung wird hier erstmals für alle Modelle angeboten (bei den Baureihen 200, 300 und 700 Gen7 bisher nur für die Topmodelle).
Mit den neuen 600er zieht Fendt auch das VarioDrive-Konzept mit verspannungsfreiem und bis 25 km/h permanent eingeschaltetem Allradantrieb weiter nach unten. Das TA150 genannte Getriebe arbeitet wie bei Fendt üblich mit hydrostatischen Maschinen in Schrägachsen-Bauweise. Auch andere Ausstattungen wie VarioGrip, die flachdichtenden Hydraulikkupplungen und der Anhängerbremsen-Assistent wurden von den größeren Baureihen übernommen. Weitere Informationen dazu gab es in [23].
Den Serienanlauf für das batterieelektrische Traktormodell e107 V Vario (Schmalspur) kündigte Fendt für das vierte Quartal 2024 an, bedient werden sollen damit vorerst nur die Pilotmärkte Deutschland, Niederlande und Norwegen. Für das auf der Agritechnica ausgestellte Modell in Standardausführung gibt es noch keinen Markteinführungstermin.
Bei John Deere konzentrierte man sich im Berichtsjahr auf Verbesserungen bei aktuellen Modellen. Zum Modelljahr 2024 erhalten alle Traktoren der Baureihen 6R (6-Zylinder), 7R, 8R und 9R serienmäßig das größere Bedien- und Anzeigeterminal "G5Plus CommandCenterTM" mit schnellerem Prozessor. Bei den 7R-Modellen gibt es neu ein Lenksystem mit Selbstzentrierung, die Funktion lässt sich im CommandCenterTM aktivieren. An den Vorderachsen werden zwei zusätzliche Bremsscheiben und größere Lenkzylinder verbaut.
Tabelle 3: Fendt Vario 620 im Vergleich zu anderen Traktormodellen in der 4-Zylinder-Topklasse.
Table 3: Fendt Vario 620 compared to other tractor models in the 4-cylinder top class.
Nach der Vorstellung der Serie 6 mit 6-fach-Lastschaltgetrieben im letzten Jahr stellte Deutz-Fahr zur Agritechnica neue Versionen mit Stufenlosgetrieben vor (4-Zylinder 6160.4 / 6170.4 TTV und 6-Zylinder 6160 / 6170 / 6180 TTV). Die bisherigen "Transaxles" mit Eccom-Getrieben und SDF-eigener Hinterachse werden hier durch die TERRAMATIC-Einheiten TMT16 und TMT18 abgelöst. Im hydrostatischen Zweig kommt die Einheit A40CT von Bosch-Rexroth zur Anwendung (Pumpe und Motor in Schrägscheibenbauweise, 45/45 cm3). Die Modelle 6160.4, 6170.4, 6160 und 6170 TTV weisen neu ein maximal zulässiges Gesamt-gewicht von 12,5 t auf (siehe 6170.4 in Tabelle 3), der 6180 TTV mit dem TMT18 ein solches von 13,5 t (mit gefederter/gebremster Vorderachse gültig bis 50 km/h).
Von CNH gab es weitere Informationen zu den schon im letzten Jahrbuch erwähnten batterieelektrischen Modellen Case IH Farmall 75 C Electric und New Holland T4 Electric Power, insbesondere zu den Autonomie- und Sicherheitsfunktionen. Die am Kabinendach und vorne in der Motorhaube montierten Kamerasysteme sollen eine auf das Kabinenterminal übertragbare 360-Grad-Traktorrundumsicht, eine Erkennung von Heckanbaugeräten für das vereinfachte Ankuppeln sowie eine automatische Zapfwellenabschaltung für den Fall, dass Personen der Gelenkwelle zu nahekommen, ermöglichen. Daneben soll es die Funktionen „Route Mode“ (Traktor folgt einer festgelegten Fahrabfolge, beispielsweise in Obstplantagen), „Invisible Bucket“ (verbesserte Übersicht bei Frontladerarbeiten) und „Follow-Me“ geben. Mit Letzterer kann der Traktor einer Person folgen, ergänzend dazu ist eine Gestensteuerung vorgesehen, dank welcher dieser auch über Handzeichen Fahranweisungen entgegen-nehmen kann.
Zusätzliche Informationen gab es auch zum Traktor New Holland T7.270 Methane Power LNG. In den beiden vakuum-isolierten LNG-Tanks sollen rund 200 kg Methan mitgeführt werden können, was im Vergleich zu den 32 kg in den am Traktorrumpf angebrachten CNG-Druckbehältern des T6.180 Methane Power über sechs Mal mehr ist. Der Boil-off-Gas-Problematik bei LNG tritt New Holland mit einem „Cryo-Cooler“ entgegen, der das Methan ständig unter minus 162 Grad Celsius und somit in flüssigem Zustand hält. Die für den elektrisch angetriebenen Kühler erforderliche Energie kommt aus einer Batterie, die entweder über eine externe Stromquelle oder den integrierten IC-Generator geladen werden kann (Betrieb mit Boil-off-Gas). Die Markteinführung ist für Ende 2025 vorgesehen.
Auf der Agritechnica präsentierte New Holland mit dem T7.270 Methane Power CNG zudem ein weiteres Modell mit CNG-Behälter, bei dem sich durch eine optimierte Anordnung rund 115 kg Methan mitführen lassen, Bild 3. Mit einem "Range Extender" für den Frontanbau sollen weitere 100 kg möglich sein.
Bild 3: Größere CNG-Behälter mit optimierter Anordnung beim T7.270 CNG (Quelle: New Holland).
Figure 3: Larger CNG tanks with optimised arrangement on the T7.270 CNG (Source: New Holland).
Mit den Modellen Case IH Optum 340, New Holland T7.340 und Steyr Terrus 6340 schiebt CNH die Leistung seiner kompakten Großtraktoren-Baureihen auf 250 kW / 340 PS hoch, bei gleichen Abmessungen und Leergewichten. Diese Maximalleistung steht wie bei den darunter liegenden Modellen unter allen Einsatzbedingungen zur Verfügung (kein Boost).
Case IH stellte mit dem Quadtrac 715 zudem ein neues Knicklenker-Flaggschiff mit einer Brutto-Maximalleistung von 572 kW / 778 PS vor (6-Zylinder-Motor FPT Cursor 16 TST mit 15,9 l Hubraum und 2-stufiger Turboaufladung). Die Raupenlaufwerke wurden zur besseren Kraftübertragung um 10 cm verlängert und der Durchmesser des Antriebsrades auf über 100 cm vergrößert. Neu können diese auch mit der Laufwerksfederung PowerFlex geordert werden. Weitere Information dazu gab es in [24].
Steyr legte mit der neuen Baureihe "Plus" (fünf Modelle mit max. Leistungen zwischen 59-86 kW / 80-117 PS) im unteren Leistungsbereich nach und löst damit die Baureihe "Kompakt" ab.
Highlight bei Claas war die Vorstellung der neuen XERION-Modelle 12.590 und 12.650 (Brutto-Maximalleistung bis 480 kW / 653 PS), Bild 4. Das im letzten Jahr bei den bisherigen XERION-Modellen eingeführte ZF-Stufenlosgetriebe Eccom 5.5 wird auch hier verwendet, wegen den höheren Drehmomenten beinhaltet das Pumpenverteilergetriebe aber noch eine „Hochtreiberstufe“. Damit können die Getriebeeingangsmomente heruntergesetzt und die Motorleistungen mit höheren Drehzahlen übertragen werden. Für die 12er-Baureihe im eigenen Haus komplett neu entwickelt wurden Triangel-Raupenlaufwerke mit form-schlüssigem Antrieb, weil auch diese Modelle mit Achsschenkel- und nicht mit der in dieser Leistungsklasse üblichen Knicklenkung ausgestattet sind. Die Boogie-Aufhängung der Zwischenrollen ist in eine separate Schwinge integriert, die über Gummielemente gedämpft wird. In Europa werden die 12er-Modelle ausschließlich mit Raupenlaufwerken angeboten, für Märkte mit weniger strikten Breitenvorgaben gibt es die Traktoren auch mit Radfahrwerken. Montieren lassen sich hier u.a. Zwillingsreifen der Dimension 800/70R42 (Außendurchmesser 2,15 m). Bei der Hydraulik sind bis zu drei Pumpen mit einer Gesamtfördermenge von 537 l/min bei 200 bar möglich. Weitere Informationen dazu gab es in [25].
Bild 4: Neue XERION 12er-Serie von Claas in Rad- und Raupenausführung [26].
Figure 4: New XERION 12 series from Claas in wheeled and tracked versions [26].
Im unteren Leistungsbereich stellte Claas die neuen Baureihen Elios 200, Elios 300 und Axos 200 vor (Leistungen bis 76 kW /103 PS), die zusammen mit Carraro entwickelt wurden.
Auch bei Massey Ferguson und Valtra lagen die großen Neuheiten im oberen Leistungsbereich. MF löst mit sechs neuen 9S-Modellen die bisherige Großtraktoren-Baureihe 8700S ab und stattet diese mit der von den 8S-Reihe her bekannten Kabine aus. Beim Antriebsstrang kommt die neueste Generation des AGCO-Power-Motors mit 8.4 l Hubraum (84 LXTN-D5, siehe Kapitel "Motoren und Getriebe bei Traktoren") und das bekannte Stufenlosgetriebe ML260 zur Anwendung. Die Brutto-Leistungen reichen von 210 bis 313 kW (285 bis 425 PS), das Top-Modell erreicht die Maximalleistung unter allen Bedingungen, die darunterliegenden mit einem Boost bis 22 kW / 30 PS.
Mit dem gleichen Antriebsstrang arbeitet die neue S-Serie von Valta, Bild 5. Gebaut wird die 6. Generation nicht mehr in Beauvais/Frankreich, sondern in Suolahti/Finnland. Damit kann die S-Serie jetzt auch mit den Ab-Werk-Optionen aus dem "Unlimited Studio" ausgestattet werden. Ein weiteres Differenzierungsmerkmal ist die von der Q-Serie her bekannte Kabine, die sich wahlweise mit der Rückfahreinrichtung "TwinTrac" bestellen lässt. Valtra führte überdies die neue Funktion "SmartTurn" ein, die am Vorgewende neben U-Turns und Beet-Modus (für gezogene Geräte) neu auch Y- und K-Turns ermöglicht (geeignet für 3-Punkt-Geräte). In Kombination mit "Auto U-Pilot" soll das Fahren auf dem Feld damit fast vollständig automatisiert werden können.
Bild 5: Neue S-Serie Valtra, die in Finnland gebaut wird [27].
Figure 5: New S Series Valtra to be built in Finland [27].
ARGO präsentierte auf der Agritechnica eine größere Kabine für die Baureihen McCormick X7.6 und X8. Die Baureihen X5 (70-84 kW / 95-114 PS) und X6.4 (100-114 kW / 136-155 PS) werden mit 3-fach- resp. 6-fach-Lastschaltgetrieben aus eigener Entwicklung angeboten, bei welchen neu auch die vier synchronisierten Gänge automatisch geschaltet werden können. Der X5-Getriebebaukasten sowie das P6-Drive-Getriebe für die Baureihe X6.4 sind im Kapitel "Motoren und Getriebe bei Traktoren" in Form von Getriebeplänen dargestellt.
Besondere Bauarten
Mercedes-Benz Special Trucks stellte auf der Agritechnica das neue Bediensystem Uni-Touch für die Unimog-Geräteträgermodelle U219 bis U535 vor. Dieses beinhaltet eine neue Mittelkonsole, ein Touchscreen und eine flexible Positionierung des Joysticks [28].
Traktor und Gerät
In [29] wurde über die Entwicklung einer Methode zur Erkennung der Pflugfurche durch autonome Fahrzeuge beim Onland-Pflügen unter Verwendung eines 3D-LiDAR-Sensors berichtet. Der Ansatz soll auch auf den Einsatz von anderen Bodenbearbeitungsgeräten mit ähnlichen Merkmalen übertragen werden können. Aus China gab es einen Bericht über die Entwicklung einer Testeinrichtung für elektrohydraulische Kraftheberregelungen beim Pflügen (Lage- und Zugkraftregelung) [30].
Zusammenfassung
Alternative Antriebskonzepte waren wiederum vieldiskutierte Themen und es wurden verschiedene Prototypen/Studien vorgestellt. Batterieelektrische Traktoren im unteren Leistungsbereich erreichen nach und nach die Serienreife. Zur Anwendung kommt derzeit hauptsächlich das "conversion design" mit zentralem E-Motor und klassischer Getriebe-Hinterachse-Einheit. Fendt stellte die komplett neue 4-Zylinder-Baureihe 600 Vario vor und schiebt den 4-/6-Zylinder-Übergang weiter nach oben. Weitere Highlights waren die schweren Zugtraktoren von Case IH und Claas (Quadtrac 715 resp. XERION 12er-Serie) sowie die neuen Großtraktoren von Massey Ferguson und Valtra (9S resp. S-Serie).
Literatur
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[14] Bensing, T.: Silber für ein spannendes Konzept. Profi 35 (2023) H. 12, S. 120-122.
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[27] Valtra bringt die 6. Generation der S-Serie auf den Markt. Entwickelt und gebaut in Finnland. Pressemitteilung. URL: https://www.valtra.de/news/groesste-beste-finnland.html, Zugriff am 31.01.2024.
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Autorendaten
Dipl.-Ing. agr. FH, Dipl.-Ing. Wirtschaft FH, Executive MBA Roger Stirnimann ist Agrartechnik-Dozent an der Berner Fachhochschule.