Beitrag in Jahrbuch 2016
Allgemeine Entwicklung DLG-TrendmonitorEurope: Landwirte in Europa mit anhaltend hoher Investitionsbereitschaft
Jahrbuch Agrartechnik 2016
Allgemeine Entwicklungen
Landwirtschaftliche Rahmenbedingungen
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DLG-TrendmonitorEurope: Fokus auf Innovationen bei Wirt-schaftsdüngerausbringung und Tierwohl
Dr. Achim Schaffner, Fachgebietsleiter Ökonomie
DLG e.V., Frankfurt am Main
Kurzfassung
Niedrige Erzeugerpreise haben landwirtschaftliche Unternehmer im Jahr 2016 vor große wirtschaftliche Herausforderungen gestellt. Insbesondere Tierhalter standen vor der Heraus-forderung, in dem rund zwei Jahre anhaltenden Preistief die Zahlungsfähigkeit zu sichern. In diesem Umfeld haben sowohl Tierhalter als auch Marktfruchterzeuger Investitionen zurück-gestellt. Darüber hinaus sorgt die gesellschaftliche Diskussion um die Produktionsverfahren der Landwirtschaft in Deutschland für ein unsicheres wirtschaftliches Umfeld, das Investitionen bremst.
Dennoch haben Innovationen in der Agrartechnik hohe Bedeutung für die Landwirte. Beson-deres Augenmerk liegt auf der bedarfsgerechteren Ausbringung von Wirtschaftsdüngern und auf der Verbesserung des Tierwohls in den Haltungsverfahren.
Schlüsselwörter
Geschäftsentwicklung, Investitionsbereitschaft, Innovationen
DLG-TrendmonitorEurope: Innovations on manure management and anmimal welfare in focus
Dr. Achim. Schaffner, Head of Agricultural Economics
DLG e.V., Frankfurt am Main
Abstract
Farmer had to deal with economic challenges because of an ongoing low level of prices for agricultural products. Especially pig and dairy farmers was challenged to secure the ability to pay because of the two years ongoing low price level for agricultural products. To reach this, farmers put on hold farm investments. Furthermore, the critical discussion about farming sys-tems in Germany leads to unsecure economic conditions.
However, innovations in agricultural technology have high importance for farmers. Especially innovations in efficient use of manure and bettering of animal welfare are in focus.
Keywords
Economic development, Willingness to invest, innovation
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Geschäftslage weiterhin angespannt
Landwirte in Deutschland beurteilten die aktuelle Geschäftslage im Herbst 2016, verglichen mit dem Jahr 2015 und der Frühjahrsbefragung 2016, nochmals deutlich kritischer (Bild.1). Das anhaltende Preistief für Tierhalter und Marktfruchterzeuger hat die Betriebsergebnisse stark belastet und stellt insbesondere die Tierhalter vor große Herausforderungen, die Zah-lungsfähigkeit zu sichern. Und auch für die Marktfruchterzeuger hat sich das Geschäftsum-feld verschlechtert. Die weltweit umfangreiche Getreideernte hat zu sinkenden Getreide- und Ölsaatenpreise geführt. Wichtigstes Ziel der Betriebsleiter war deshalb, die Zahlungsfähigkeit zu sichern und weitere Potenziale zur Senkung der Produktionskosten zu identifizieren. Zu-sätzlich drückt die anhaltende Diskussion um die Wirtschaftsweise in Ackerbau und Tierhal-tung am Agrarstandort Deutschland die Stimmung.
Bild 1: Beurteilung der aktuellen Geschäftslage in Deutschland (2007-2016)
Figure 1: Assessment of the current business situation in Germany (2007-2016)
Erwartungen an die Geschäftsentwicklung hellen sich auf
Für die Geschäftsentwicklung im Winter 2016 und Frühjahr 2017 keimte in der Herbstbefra-gung 2016 Hoffnung auf. Insbesondere die Schweinehalter waren deutlich zuversichtlicher als noch im Frühjahr 2016. Die Marktlage war im Herbst 2016 ausgeglichen und die Hoff-nung auf gut laufende Exporte sorgte für Zuversicht. Denn nach Einschätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums sollten sich die Exporte nach China dynamisch entwickeln. Zu-versichtlicher waren auch die Milchviehhalter für die weitere Geschäftsentwicklung, denn die Angebotsreduktion und die leicht anziehende Nachfrage haben zu steigenden Preisen ge-führt. Zwar hatten sich die Milchauszahlungspreise im Spätherbst 2016 nach oben bewegt, jedoch reichten die Preisbewegungen noch nicht aus, um die erlittenen Einbußen zu kom-pensieren.
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Bild 2: Entwicklung der Erwartungen an die Geschäftsentwicklung in Deutschland (2007-2016)
Figure 2: Development on business expectations in Germany (2007-2016)
Und auch die Marktfruchterzeuger waren leicht optimistischer für die weitere Geschäftsent-wicklung. So ruhte die Hoffnung auf anziehende Exporte im Winter 2016 / 2017, denn traditi-onell nehmen die EU-Ausfuhren deutlich zu, wenn Russland und die Ukraine deren Ausfuh-ren reduzieren. Zudem erwarteten die Ackerbauern, höhere Zuschläge auf bessere Qualitä-ten erzielen zu können, denn Qualitätsgetreide war knapp.
Investitionsbereitschaft rückläufig
Das aktuelle Geschäftsumfeld führe zu rückläufiger Investitionsbereitschaft in Deutschland (Bild 3). Besonders deutlich haben mit -8 Prozentpunkten die Marktfruchtproduzenten die Investitionen eingeschränkt. Die Investitionsbereitschaft der Ackerbauern erreichte mit 29 Prozent ein historisches Tief. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass die Marktfruchter-zeuger in den letzten Jahren teils umfangreich investiert und den Maschinenpark moderni-siert haben. Zudem wurden die Investitionen der letzten Jahre durch steuerlich bedingte In-vestitionsentscheidungen gestützt. Mit dem jetzt ungünstigen Preisverlauf liegt das Augen-merk auf der Sicherung der Zahlungsfähigkeit. Zudem wollen die Betriebsleiter Kosten redu-zieren um bei dem insgesamt niedrigeren Preisniveau die Wirtschaftlichkeit zu stärken.
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Bild 3: Investitionsbereitschaft in Deutschland im Jahr 2016
Figure 3: Willingness to invest in Germany in 2016
Auch die Investitionsbereitschaft in der Milchviehhaltung war mit -4 Prozentpunkten im Laufe des Jahres 2016 auf nun 29 Prozent weiter rückläufig. Mit den steigenden Preisen dürfte sich die Liquiditätslage entspannen, jedoch müssen die Milchproduzenten die wirtschaftliche La-ge stabilisieren. Und auch die Schweinehalter wollen weniger investieren. Die Investitionsbe-reitschaft der Schweinehalter ist um -3 Prozentpunkte auf 37 Prozent zurückgegangen. Auch bei den Schweinehaltern liegt das Augenmerk darauf, die Liquidität nach dem lang anhalten-den Preistief zu stärken.
Tierhalter wollen Verbesserungen beim Tierwohl
Doch trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage ist der Bedarf der Tierhalter für Innovati-onen im Bereich Umwelt und tiergerechte Technik groß: So halten 71 Prozent der in Deutschland befragten Tierhalter Innovationen zur Verbesserung des Tierwohls für sehr wichtig bzw. wichtig (Bild 4).
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Bild 4: Beurteilung von Innovationen in der Tierhaltung
Figure 4: Assessment of innovations in animal husbandry
Jeder zweite Tierhalter hält zudem Zulassungsverfahren für Haltungssysteme für sehr wich-tig beziehungsweise wichtig, um das Tierwohl zu verbessern. Denn anerkannte Technik er-leichtert Investitionsentscheidungen und lässt auf Rechtssicherheit hoffen. Vor dem Hinter-grund der kontroversen Diskussion um das Tierwohl erwarten die von den Herstellern Lö-sungen, um die Betriebe in den Bereichen Umwelt und Tierwohl gezielt weiterzuentwickeln. Denn die Schrittweise Verbesserung der laufenden Haltungsverfahren hilft, Tierwohlanforde-rungen und Wettbewerbsfähigkeit zu vereinen. Dazu gehört bspw. Flexibilität bei Stalleinrich-tungen zu erreichen, um die Ställe ohne größere Umbaumaßnahmen an die neuesten Er-kenntnisse für die Verbesserung des Tierwohls anpassen zu können. Zudem stärken die Innovationen bei Tierwohl und Umwelt die Position der Tierhalter im gesellschaftlichen Dis-kurs. Denn die Fortschritte in der Praxis liefern wichtige Argumente, um die Tierhaltung of-fensiv in der gesellschaftlichen Diskussion zu positionieren.
Im Fokus der Landwirte steht darüber hinaus die bedarfsgerechte Düngung mit Wirtschafts-düngern. Ziel ist, Nährstoffe bedarfsgerecht und verlustarm auszubringen. So sind Techniken für die bedarfsgerechte Düngung für 77 Prozent der befragten Landwirte sehr wichtig bezie-hungsweise wichtig. Für die bedarfsgerechte Gülleausbringung sind zudem Informationen über die Nährstoffgehalte notwendig. Für 63 Prozent der Befragten sind deshalb Innovatio-nen bei Technologien für die genauere Bestimmung der Nährstoffgehalte von Gülle sehr wichtig beziehungsweise wichtig.
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Brexit führt zu Ungewissheit
Für die Landwirte in Europa bedeutet der Brexit derzeit vor allem Eines: Ungewissheit. Denn London plant den „harten“ Brexit, also den Austritt aus der EU, inkl. verlassen des Binnen-marktes. Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und Großbritannien müssen deshalb neu verhandelt werden. Welche Wirkungen dies für die Agrarexporte der EU hat, ist völlig offen. Offen sind darüber hinaus die Wirkungen auf die Direktzahlungen in den EU-Mitgliedsstaaten, denn mit Großbritannien verlässt ein Nettozahler die EU. In der Folge wird dem EU-Haushalt weniger Geld für Direktzahlungen zur Verfügung stehen, Anpassungen werden unausweichlich sein.
Knapp 35 Prozent der Landwirte in Deutschland erwarteten dennoch keine Auswirkungen auf den eigenen Betrieb. Knapp ein Viertel der Befragten in Deutschland ist der Meinung, dass der Zugang zum Agrarmarkt Großbritanniens erschwert wird.
Bild 5: Beurteilung der Folgen des Brexit
Figure 5: Assessment of consequences on Brexit
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Zusammenfassung
Die wirtschaftliche Lage bleibt für die Landwirte herausfordernd. Zwar entwickeln sich Preise in der Tierhaltung freundlicher, aber die in den Preistiefs entstandenen Verluste belasten die Betriebe. Auch die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist von Unsicherheiten der Weltwirt-schaft geprägt. Denn je nach Konjunkturentwicklung in wichtigen Exportländern könnte der bisher insgesamt flott laufende Export gebremst werden.
Dennoch wollen die Landwirte Innovationen nutzen, um Produktionssysteme und Haltungs-verfahren zu verbessern. So ist das Ziel der Tierhalter, das Tierwohl der Haltungssysteme zu verbessern. Die Landwirte erwarten deshalb Innovationen von den Technikherstellern. Im Zuge der Novellierung der Düngeverordnung wollen die Landwirte zudem Wirtschaftsdünger exakter ausbringen. Dazu sind Innovationen in der Bestimmung der Nährstoffe und bei der Ausbringung notwendig, um Effizienz zu steigern und Nährstoffverluste zu reduzieren.
Literatur
[1] DLG-TrendmonitorEurope 2016, Fact Sheet Frühjahr 2016.
[2] DLG-TrendmonitorEurope 2016, Fact Sheet Herbst 2016.
Bibliografische Angaben / Bibliographic Information
Empfohlene Zitierweise / Recommended Form of Citation
Schaffner, Achim: DLG-TrendmonitorEurope: Fokus auf Innovationen bei Wirtschaftsdüngerausbrin-gung und Tierwohl. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2016. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2017. S. 1-7
Zitierfähige URL / Citable URL
http://publikationsserver.tu-braunschweig.de/get/64164
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http://www.jahrbuch-agrartechnik.de/index.php/artikelansicht/items/272.html