Beitrag in Jahrbuch 2014
Geschichte der Agrartechnik Die Entwicklung der pneumatischen Sätechnik
Die Erfindung der pneumatischen Verteilung
Der Engländer James Cook baute 1785 die erste brauchbare Drillmaschine. Sein Prinzip –
Saatgut durch einzelne Säräder zu dosieren und in Reihen zu »drillen« – wird auch heute
noch bei mechanischen Drillmaschinen genutzt. Die Entwicklung von pneumatischen Drillmaschinen
ist eng mit dem Unternehmen Weiste verbunden. Auf der Suche nach besseren
Lösungen für größere Arbeitsbreiten entwickelten Heinrich Weiste und sein Sohn Helmut ein
neues Säsystem, das sie das ACCORD PNEUMATIC‑System nannten.
Dieses System war eine ähnliche Revolution in der Sätechnik wie der Mähdrescher in der
Erntetechnik – konnten doch mehrere Arbeitsgänge mit einer Maschine gleichzeitig erledigt
werden. Darüber hinaus ermöglichten die zentrale Dosierung und pneumatische Verteilung
völlig neue Dünge‑ und Säverfahren. Herzstück war der Pneumatic‑Verteiler, für den am
21. April 1966 das Patent [1] erteilt wurde. Die Grafiken zeigen das Funktionsschema des
Accord Pneumatic-Systems (Bild 1) und den Pneumatic-Verteiler mit dem Wellrohr zur
Zerstreuung des Körner-Luftstroms (Bild 2).
Die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten wurden im Oktober 1966 auf einem internationalen
Feldtag vorgeführt: elf verschiedene Prototypen zur pneumatischen Verteilung von Saatgut
und Dünger in Arbeitsbreiten von 5 m bis 15 m. Eine der Anwendungen war der Unimog mit
zwei Tanks auf der Ladepritsche und 2 x 5 m Scharschienen an einer Kuppelbrücke (Bild 3).
Bild 1: Funktionsschema des Accord Pneumatic-Systems
mit Gebläse (1), Dosiergerät (2), Verteiler (5),
Saatschläuchen (6), Säscharen (7) [2].
Figure 1: Schema of Accord Pneumatic-System with
fan (1), metering device (2), distributor (5),
seed hoses (6), seed coulters (7) [2].
Bild 2: Pneumatic-Verteiler
mit Förderleitung (3)
und Wellrohr (4) [2].
Figure 2: Pneumatic‑distributor
with delivery line (3) and
corrugated tube (4) [2].
Bild 3: 10 m‑Pneumatic‑Drillmaschine [2].
Figure 3: 10 m‑Pneumatic‑drill [2].
Bild 4: 5 m‑Pneumatic‑Drillmaschine [2].
Figure 4: 5 m‑Pneumatic‑drill [2].
In nur 18 Monaten wurde die Entwicklung einer 5 m‑Pneumatic‑Drillmaschine und eines
10 m‑Pneumatic‑Düngerstreuers aus dem Boden gestampft – einschließlich der großen
Werkzeuge für die neuen pneumatischen Baugruppen. Schon 1968 brachte Accord diese
Maschinen serienmäßig auf den Markt:
●● Die erste pneumatische Anbau‑Drillmaschine in Arbeitsbreiten von 5 m und 6 m (Bild 4).
●● Den ersten pneumatischen Düngerstreuer in einer Arbeitsbreite von 10 m. Er machte
das exakte Anschlussfahren beim Düngen und Spritzen möglich. Hierbei wurden
Säschare gesperrt, um unbesäte Fahrgassen zu erzeugen. Damit führte Accord das
Fahrgassensystem ein.
Doch die schnelle Markteinführung hatte einen hohen Preis. Viele pneumatische Düngerstreuer
mussten zurückgenommen werden, denn Förderleistung und Verteilung mit den
einfachen Pralltellern reichten nicht aus. Beanstandungen über eine schlechte Verteilung bei
den 6 m‑Drillmaschinen mit Ober‑ und Unterverteilern kamen hinzu. Die Zeit für Entwicklung
und Erprobung dieser Maschinen mit einem grundlegend neuen System war viel zu kurz
gewesen. Schonungslos wurden die Schwachstellen und Wissenslücken durch den Einsatz
der Serienmaschinen beim Kunden aufgedeckt. Der Ruf des Pneumatic-Systems stand auf
dem Spiel. Um die Ursachen zu erforschen, wurden umfangreiche Versuchsreihen gefahren.
Die offensichtlichen Ursachen der schlechteren Verteilungsgenauigkeit bei den Pneumatic‑
Drillmaschinen waren der Verschleiß des Kunststoff‑Wellrohres und der Abfall der Gebläsedrehzahl
am Hang sowie Fluchtungsfehler der Leitungen. Eine wesentliche, aber nicht sichtbare
Ursache wurde erst nach intensiver Erforschung der Zwei-Phasen-Strömung entdeckt.
Mit einem Stroboskop konnte man sehen, wie der Körnerstrom in wendelförmigen Flugbahnen
entlang der Rohrwand strömte. Dieser Drall‑Effekt trat in der Förderleitung verstärkt auf,
wenn die Bögen mit ihren Krümmungsebenen zueinander verdreht lagen. In diesen verdrehten
Krümmungen der Schlauchleitungen zu den Unterverteilern fuhr der Körnerstrom regelrecht
»Achterbahn«. Aufgrund dieser Erkenntnis entwickelte Helmut Weiste strömungstechnische
Lösungen für eine bessere Verteilung des Körner-Luft-Stroms [3]. Im Oktober 1971 hielt
er einen Vortrag auf der VDI‑Landtechnik Tagung in Braunschweig über die Erfahrungen mit
der pneumatischen Sätechnik [4].
Am Institut für Landtechnik der Uni Bonn wurden 1971 Untersuchungen über die Verteilungsgenauigkeit
bei pneumatischen Drillmaschinen durchgeführt [5]. Die Ergebnisse wiesen
größere Ungenauigkeiten bei Hanglagen und höherer Gutbeladung nach. Das hielt die Hersteller
mechanischer Drillmaschinen lange davon ab, in die pneumatische Sätechnik einzusteigen.
Bei diesen Untersuchungen wurden allerdings nicht die Accord Pneumatic‑Verteiler
verwandt und die Leitungsbögen hatten die oben beschriebene nachteilige Anordnung.
J. Mahlstedt untersuchte 1971 die pneumatische Breitsaat von Getreide und ermittelte in
Feldversuchen einen Mehrertrag von 7,6 % gegenüber Drillsaaten mit 15 cm Reihenweite [6].
Air Seeder in Australien ab 1971 und Nordamerika ab 1980
Die Firma Connor Shea in Melbourne erkannte die Chancen der pneumatischen Sätechnik
für den Getreideanbau in Australien. Mit Accord Pneumatic‑Komponenten baute sie 1971 den
ersten Air Seeder der Welt (Bild 5). Dieser Sä‑ / Düngekultivator brachte Saat und Dünger
unter Flügelscharen als Direktsaat im Boden des Stoppelackers aus.
Arbeitszeit und Energiebedarf schrumpften um bis zu 60 % gegenüber konventioneller Bestellung.
Hinzu kamen die ökologischen Effekte, die Verhinderung der Wind‑ und Wassererosion.
Aus diesen Gründen erreichten die Air Seeder in Australien nach 10 Jahren einen Marktanteil
von 65 %. In Nordamerika fand die pneumatische Sätechnik erst in den 1980er‑Jahren eine
breitere Anwendung. In einem Artikel der Zeitschrift Implement & Tractor vom 21. November
1980 wurden die Air Seeder von 12 Anbietern beschrieben, überwiegend kanadische und
australische Firmen, die das Accord Pneumatic‑System kopiert hatten. Friggstad (Bild 6) und
John Deere hatten ihre Air Seeder mit Beratung und Komponenten von Accord entwickelt.
Die Universität Saskatchewan veranstaltete im Juni 1990 in Regina ein internationales
Symposium über pneumatische Sätechnik [8]. Auf dieser Konferenz wurde erstmals die
Entwicklung und Anwendung pneumatischer Sätechnik umfassend dargestellt und erörtert.
Wissenschaftler und Ingenieure berichteten über die unterschiedlichen Anbauverfahren und
den Einsatz der Air Seeder auf drei Kontinenten – Nordamerika, Australien und Europa.
Zum Abschluss der Konferenz zeigten 13 Hersteller ihre Air Seeder auf dem Feldtag im
Einsatz. Neben lokalen Entwicklern waren bekannte Firmen vertreten: Bourgault, Concorde,
Flexi-Coil, Great Plains, Hiniker, J.I. Case, John Deere und Morris. Mit Ausnahme von Morris
waren alle Maschinen mit Pneumatic‑Verteilern ausgerüstet, so wie sie von Accord auf dem
Feldtag 1966 erstmals vorgestellt worden waren. Es wurde eine Vielfalt von Anwendungen für
unterschiedliche Boden‑ und Klimaverhältnisse gezeigt:
●● Air Seeder von 6 m bis 22 m Arbeitsbreite für kombinierte oder getrennte Ausbringung
von Saatgut und Dünger. Die Dosiergeräte konnten für jede Verteilersektion zu‑ oder
abgeschaltet werden.
●● Neue Formen von Säscharen: 30 cm Breitsäschare, 10 cm Bandsäschare oder 2 cm
schmale Meißelsäschare. Der Dünger konnte neben oder unter der Saatreihe abgelegt
werden.
●● Die Tankwagen konnten vor oder hinter den Säkultivatoren angeordnet werden und hatten
Füllvolumen von 3000 l bis 6000 l Saatgut und Dünger. Die Förderleistung mit Drucktanks
war doppelt so groß wie mit Injektorschleusen und ermöglichte Fahrgeschwindigkeiten
bis zu 16 km/h.
●● Als Option wurde die gleichzeitige Verteilung von Herbizid‑Feingranulaten angeboten.
separater Ausbringung von Saatgut und Dünger (Bild 7). Daneben ist ein Zinkensäschar
abgebildet, mit dem das Saatgut in einer Doppelsäreihe und der Dünger 2,5 cm tiefer in einer
Reihe dazwischen abgelegt wird (Bild 8).
Der Säkultivator ist hinter dem Tankwagen angeordnet und wird vorn durch Stützräder
und hinten durch Andruckrollen in der Tiefe geführt (Bild 9). Die Anordnung des Säkultivators
direkt hinter dem Schlepper mit nachlaufendem Tankwagen ermöglicht eine bessere
Sichtkontrolle (Bild 10).
Flexi-Coil wurde mit seinen umfangreichen Entwicklungen in den 1990er‑Jahren zum
führenden Hersteller von Air Seeding Technologie. Bei einem Besuch im März 1998 in
Saskatoon erklärte Terry Summach, Inhaber von Flexi‑Coil, den Erfolg seiner Entwicklung so:
»Erhöhte Effizienz und verbesserte Keimung sind zwei wesentliche Gründe für die stark steigende
Zahl von Farmern, die Minimum‑ und No‑Till‑Säsysteme übernehmen. Air Drills machen
inzwischen 77 % unseres Umsatzes aus. Sie gewährleisten mit ihren speziellen Säscharen
eine gute Keimung der Saat auf trockenen Böden.« Wenige Monate nach diesem Besuch
musste sich Flexi‑Coil an eine starke Rezession im Landmaschinenmarkt Nordamerikas
anpassen. Einige hundert Mitarbeiter wurden entlassen und drastische Kostensenkungen
durchgeführt. Am 4. Januar 2000 schloss Terry Summach einen Übernahmevertrag mit CNH
(Case New Holland), um das zu sichern, was er mit seinen Mitarbeitern aufgebaut hatte.
CNH vertreibt die Air Seeding Produkte weiter unter der Marke Flexi‑Coil.
Zweite Generation Accord Pneumatic-Drillmaschinen ab 1977
In der klein strukturierten Landwirtschaft Europas wurden von den 5 m bis 7 m breiten Accord
Pneumatic‑Drillmaschinen der ersten Generation nur kleine Stückzahlen verkauft. Nicht einer
der etablierten Drillmaschinenhersteller engagierte sich in pneumatischer Sätechnik. Sie boten
weiterhin nur mechanische Drillmaschinen an. Erst die 1977 eingeführte DL‑Modulbauweise
brachte in den 1980er‑Jahren den Durchbruch für das Accord Pneumatic‑System.
Neuartige Bauformen pneumatischer Drillmaschinen wurden entwickelt. Nach den Anbau-
Drillmaschinen DL und DT kamen die Aufsattel-Drillmaschinen DA und DA‑S und dann die
Fronttank-Drillmaschinen DF‑1 und DF-2.
Die DL‑Drillmaschinen waren kleiner und preiswerter als die Accord‑Drillmaschinen der ersten
Generation und durch die senkrechte Injektorschleuse viel exakter in der Korn‑Verteilung.
Der Variationskoeffizient halbierte sich auf VK = 2 – 4 %. Das DL‑Modul war eine kompakte
Einheit aus Gebläse, senkrechter Injektorschleuse, Zellenrad-Dosiergerät, Stahlwellrohr und
Verteiler (Bild 11). Einzigartig war die Konstruktion im Baukastensystem mit einheitlichem
Säwagen, Rädern in der Schlepperspur und austauschbaren Scharschienen, die für den
Straßentransport eingeklappt werden konnten (Bild 12).
Das Modulsystem war auch ein erheblicher Vorteil für Produktion, Montage und Lieferzeiten.
Die vorgefertigten Baugruppen wurden erst in der Endmontage nach Kundenwunsch zusammengefügt.
Das bedeutete kurze Lieferzeiten von zwei bis vier Wochen.
Die DL‑Drillmaschinen kamen 1977 auf den Markt in Arbeitsbreiten von 2,5 m, 3 m, 3,33 m,
4 m und 4,5 m. Die DT‑Drillmaschinen mit zwei Tankeinheiten lösten dann 1979 die breiten
Drillmaschinen der ersten Generation ab, mit Arbeitsbreiten von 5 m, 6 m, 6,66 m und 8 m.
Anfang der 1980er‑Jahre kam das Drillen in Kombination mit Kreiseleggen auf. Hier bot die
Pneumatic große Vorteile. Bei den DA‑Drillmaschinen wurde der Saatguttank über der Kreiselegge,
vor den Scharen angeordnet, sodass sich ein wesentlich geringerer Schwerpunktabstand
ergab (Bild 13). Mittels der Dreiecks-Schnellkupplung konnten die DA-Drillmaschinen
auf Kreiseleggen verschiedener Marken leicht »aufgesattelt« werden.
Weitere Vorteile: Der Landwirt benötigte wegen des geringen Schwerpunktabstandes der
Kombination keinen größeren Schlepper. Das Zellenrad-Dosiergerät brachte die eingestellte
Aussaatmenge – auch bei den Vibrationen der Kreiselegge – immer exakt aus. Die erste Serie
der DA‑Drillmaschinen wurde 1982 ausgeliefert, in Arbeitsbreiten von 2,5 m, 3 m und 4 m.
Bei der Vorstellung des Pneumatic‑Systems im Jahr 1966 waren die Saatguttanks schon
getrennt von den Säscharen auf dem Schlepper angeordnet. Erst 20 Jahre später ergab sich
für diese getrennte Anordnung ein Bedarf am Markt. Bei 4 m und 6 m breiten Säkombinationen
wurde die Last auf den Hinterrädern des Traktors sehr groß. Tiefe Fahrspuren und
schädliche Bodenverdichtungen waren die Folge. Deshalb war die gleichmäßige Gewichtsverteilung
durch die aufgelöste Bauweise die ideale Lösung. Da mittlerweile viele Traktoren
mit Frontkraftheber und Frontzapfwelle ausgestattet wurden, stand ein genormter Anbauraum
vorn am Traktor zur Verfügung. Den nutzte Accord bei der Konstruktion der DF‑Drillmaschine
für den Fronttank (Bild 14). Jetzt hatte der Landwirt auch die Möglichkeit, Säkombinationen
mit unterschiedlichen Bodenbearbeitungsgeräten nach seinen Wünschen frei zusammenzustellen.
Im Jahr 1986 kamen die DF‑1‑Drillmaschinen mit einem Verteilersystem für 3 m und
4 m Arbeitsbreite und 1989 die DF-2‑Drillmaschinen mit zwei Verteilersystemen für Breiten
von 4,5 m, 5 m und 6 m auf den Markt.
Die Aufsattel-Drillmaschinen hinterlassen ein ebenes Saatbett ohne Radspuren (Bild 15).
Mit dem Fronttank werden kompakte, klappbare Säkombinationen realisiert, die den Traktor
als Trägerfahrzeug optimal nutzen (Bild 16).
Bild 14: DF‑Fronttank entlastet die Hinterachse [2].
Figure 14: DF‑front hopper reduces load of rear axle [2].
Bild 13: DA auf Kreiselegge [2].
Figure 13: DA on a power harrow [2].
Bild 15: 4 m‑DA auf Rabe Kreiselegge [2].
Figure 15: 4 m‑DA on Rabe power harrow [2].
Bild 16: 6 m‑DF‑2 mit Kreiselegge [10].
Figure 16: 6 m‑DF‑2 with power harrow [10].
Anwender des Accord Pneumatic-Systems in Europa 1980 bis 1990
Anfang der 1980er‑Jahre hatte Accord als alleiniger Anbieter pneumatischer Drillmaschinen
nur einen Anteil von 2 – 3 % am Markt. Um die pneumatische Sätechnik und deren Möglichkeiten
im Markt bekannter zu machen, wurden Accord Pneumatic-Bauteile an Anwender
geliefert. Das waren anfangs Landwirte, die damit ihre Ideen für spezielle Säkombinationen
verwirklichten.
Erster Pneumatic‑Anwender war 1978 Claus Lutz, der die von ihm entwickelte pfluglose
Bestellmaschine »Justus« in der Firma Info-agrar herstellen ließ (Bild 17). Vicon kam
1981 mit dem »Octopus« und Michael Horsch folgte 1982 mit dem »Sä‑Exaktor« (Bild 18).
1984 übernahm Dutzi die Produktion und Vermarktung der Justus-Maschinen, nachdem KHD
den Vertrag mit Info-agrar gekündigt hatte. Schließlich baute auch Rau 1986 den »Rotosem«
mit Accord Pneumatic-Bausätzen. Diese Strategie brachte in den 1980er‑Jahren schnell
steigende Umsätze sowohl für Accord als auch für die Anwenderfirmen.
Der Erfolg und die Durchsetzung der pneumatischen Sätechnik ist auch ein Resultat der
konstruktiven Zusammenarbeit mit Anwender-Firmen. Know-how Austausch und Kreativität
auf beiden Seiten schufen die Vielzahl der spezifischen Säkombinationen, die bis heute dem
Landwirt angeboten werden.
Zu den Accord Pneumatic-Drillmaschinen wurden viele neue Ausrüstungen entwickelt:
Saatmengen-Verstellung, Micro-Dosierung für Feinsaaten, Säschare für Band‑ und Breitsaat
und das CX-Säschar. CX steht für die ungewöhnliche Kombination einer konvexen Stahlscheibe
und einer flexiblen Kunststoffscheibe mit versetzten Drehachsen. Durch das Walken
wird ein Anbacken und Blockieren der Scharscheiben verhindert.
Bei der Anwendung der Elektronik in Sämaschinen war Accord zweifellos Pionier. Schon 1980
wurde die erste elektronische Fahrgassenschaltung mit Magnetklappen eingeführt. 1990
folgte die Elektronische Sämaschinen Kontrolle (ESC). Mit ESA brachte Accord dann 1998
den elektronisch geregelten Sämaschinenantrieb, der mit GPS‑Anbindung erstmals eine
teilflächenspezifische Aussaat ermöglichte.
Anbieter pneumatischer Sätechnik in Europa 1990 bis 2012
Mit der Zweiten Generation Accord Pneumatic‑Drillmaschinen konnte bis Ende der
1980er‑Jahre der Marktanteil beachtlich gesteigert werden, auf fast 20 %. Das war wohl
der Hauptgrund, dass nun mehr Wettbewerber in die pneumatische Sätechnik einstiegen.
Auf der Agritechnica 1991 präsentierten zuerst zwei führende Hersteller von Kreiseleggen,
Lely und Rabe, ihre eigenen pneumatischen Aufbau-Drillmaschinen. Beide Firmen hatten in
den Vorjahren Accord Aufbautanks bezogen. Zur Agritechnica 1993 folgten Amazone und
Hassia – 25 Jahre nach der ersten pneumatischen Drillmaschine von Accord. Neben diesen
etablierten Drillmaschinenherstellern
stiegen weitere Kreiseleggen-Hersteller in die pneumatische
Sätechnik ein: Kuhn/Rauch, Howard, etwas später auch Lemken und Maschio.
Im Jahr 1999 gab es neben Accord 20 Anbieter pneumatischer Sätechnik. Die Zahl der Wettbewerber
stieg von 1993 – 1999 von 3 auf 16 (Bild 19). Diese 16 Anbieter pneumatischer
Drillmaschinen waren: Amazone, Fiona, Galucho, Gaspardo, Howard, Kuhn, Lely, Lemken,
Mistral, Nordsten, Rabe, Rauch, Roger, Sulky, Vogel & Noot, Kongskilde. Die Anzahl der
Anwender, die mit Accord Pneumatic-Komponenten beliefert wurden, sank im gleichen Zeitraum
von 8 auf 4 Firmen: Dutzi, Horsch, John Deere und Väderstad. Die Zahl der Hersteller
pneumatischer Drillmaschinen in Europa stieg bis zum Jahr 2012 auf 24 Firmen an. Nach der
VDMA-Landtechnik Statistik [8] ist der Absatz pneumatischer Drillmaschinen und Säkombinationen
in Europa von 30 % im Jahr 2000 auf 50 % im Jahr 2012 gestiegen (Bild 20).
Für die riesigen Anbauflächen in Osteuropa, der Ukraine und Russland entwickelten die Firmen
immer breitere pneumatische Drillmaschinen für die pfluglose Bestellung. Mit speziellen
Scheibenscharen für Mulchsaat oder Zinkensäscharen für die Direktsaat wurden mit Fahrgeschwindigkeiten
von 15 km/h enorme Flächenleistungen bis zu 35 ha/h erzielt. Als Beispiel für
den Stand der Entwicklung im Jahre 2012 sind unten pneumatische Großflächen‑Drillmaschinen
der Firmen Kverneland Accord (Bild 21) und Horsch (Bild 22) abgebildet.
Heute wird weltweit der größte Teil der Getreideanbauflächen pneumatisch gesät: in den
Großbetrieben Europas über 50 %, bis zu 80 % in Nordamerika und fast 100 % in Australien.
Die wesentlichen Gründe dieser breiten Anwendung sind vor allem die großen ökonomischen
und ökologischen Vorteile bei der Aussaat mit pneumatischen Säkombinationen.
Die Entwicklung der pneumatischen Sätechnik und die Markteinführung sind ausführlich
dargestellt im Buch »Das ACCORD PNEUMATIC-System – Von der Erfindung zur weltweiten
Anwendung« [14].
Zusammenfassung
Das Accord Pneumatic-System war eine bahnbrechende Innovation in der Sätechnik und
ermöglichte völlig neue Dünge- und Säverfahren. Der Einsatz dieser neuen Sätechnik in
Europa, Australien und Amerika führte zur Entwicklung einer Vielzahl unterschiedlicher
Anwendungen – bis hin zu den Air Seedern. Diese Säkultivatoren waren ein Quantensprung
für die rationelle Bestellung großer Anbauflächen von Getreide. Damit wurden Arbeitszeit und
Energieaufwand um mehr als 60 % reduziert und gleichzeitig die Wind- und Wassererosion
des Bodens verhindert.
Literatur
[ 1] Patent DE 1 287 350: Vorrichtung zum Einbringen von Korn und/oder von körnigem Dünger in den Boden.
[2] Archiv Accord-Weiste, Soest.
[3] Patent DE 22 56 939: Vorrichtung zum Säen von Korn.
[4] Weiste, H.: Erfahrungen mit der pneumatischen Sätechnik. Grundl. Landtechnik Bd. 22 (1972) Nr. 2, S. 39 f.
[5] Mahlstedt, J., u. H. J. Heege: Die pneumatische Zuteilung von Getreide in Sämaschinen. Grundl. Landtechnik Bd. 22 (1972) Nr. 2, S. 33/38.
[6] Mahlstedt, J.: Pneumatische Saatgutzuteilung bei Sämaschinen für die Getreidbreitsaat. Diss. Universität Bonn 1971.
[7] Connor Shea, Melbourne, Australien.
[8] Air Seeding '90 – Proceedings of an international symposium on pneumatic seeding for soil conservation systems in Dryland Areas. Extension Division, University of Saskatchewan 1990.
[9] Flexi-Coil, Saskatoon, Kanada.
[10] Archiv Kverneland-Accord, Soest.
[11] Info-agrar, Oberndorf.
[12] Horsch, Schwandorf.
[13] VDMA Fachverband Landtechnik: Daten aus der Europäischen Statistik für die Produktgruppe Drillmaschinen.
[14] Weiste, H.: Buch »Das ACCORD PNEUMATIC-System – Von der Erfindung zur weltweiten Anwendung«, ISBN 978-3-7843-5278-7. Das englische Buch kann über die Website www.weiste.net bezogen werden.